Auf Baumwipfelpfad-Tour, Teil 1 Kopfing

Weil die Gelegenheit günstig und das Wetter angenehm war, wollten wir am Wochenende im Bayerischen Wald hoch oben zwischen den Baumwipfeln spazieren gehen (Clarissas Idee). Dann entdeckte ich, dass es auch in Kopfing und St. Englmar Baumwipfeltpfade gibt und aus der Sache wurde eine Baumwipfeltour (meine Idee).

Die vier Baumwipfelpfade in Kopfing (A), Lipno (CZ), Neuschönau und St. Englmar (D) kann man tatsächlich wunderbar auf einer etwa 370 km langen Rundtour während eines Wochendurlaubs im Bayerischen Wald besuchen.

Start unserer Baumwipfeltour war der Baumkronenweg in Kopfing. Er ist nebenbei bemerkt der „anstrengendste“ der vier genannten Pfade. Während die drei anderen Wege barrierefrei sind, hat der in Kopfing Stufen. Viele Stufen (!) die mal auf 15 Meter Höhe, mal wieder etwas runter, dann wieder rauf, bis 40 m hoch zum Aussichtsturm (=160 Extrastufen) führen.

Kurz vor Ende des Pfades haben wir etwas von 760 bewältigten Stufen gelesen, für die einfache Tour bis zum Gasthof Oachkatzl. Danach geht es eben zu Erde weiter. Wir sind jedoch auch auf dem Rückweg noch mal zwischen den Bäumen spaziert = sehr viele Stufen x zwei! Ich hab am nächsten Tag jedenfalls deutlich gespürt, dass ich Waden habe. Hossa!

Die Idee eines Baumkronenpfades im Sauwald (Innviertel) stammte ursprünglich aus einem Tourismus-Konzept, das für das LEADERS+ PROGRAMM entwickelt wurde – ein EU Förderprogramm zur Konjunkturbelebung im ländlichen Raum. Der geplante Weg sollte entlang des Donautals über die luftigen Höhen des Sauwaldes führen. Wegen Undurchführbarkeit wurde der Plan aber wieder Ad Acta gelegt.

Landwirt Johann Schopf ließ die Idee jedoch nicht los. Er hatte schon als Bub gerne Baumhäuser gebaut und einen Wald, der sich für einen solchen Pfad eigenen würde, hatte er auch. Den Bürgermeister mobilisiert, einen Verein Baumkronenweg gegründet, eine Arbeitsgruppe gebildet, die Wegabschnitte geplant und das Konzept eines Weges in Höhe der Baumwipfel beim LEADERS+ PROGRAMM eingereicht. So einfach geht das. 2005, knapp 2 Jahre ab der Planung wurde der Baumkronenpfad in Kopfing bereits eröffnet.

Wandern macht durstig und hungrig! Bald nach dem Start des Baumkronenpfades wurde auch eine Gastronomie am Ende des Pfades eröffnet, der Gasthof Oachkatzl.

Und später kam noch das Baumkronenhotel dazu, mit 6 luftigen Häusern auf 10 Meter Höhe plus zwei (nicht ganz so hohe) Gruppenhäuser für Schulklassen.

Wir haben uns mit Johann Schopf unterhalten und Clarissa war völlig von der Rolle, dass man in Österreich in ein Waldgebiet einen Gewerbebetrieb bauen darf. Die „Umwidmung des Waldes als Sondernutzung im Grünland“, wie es korrekt heißt, wurde damals einstimmig durch den Gemeinderat Kopfing beschlossen und vom Land Oberösterreich genehmigt, dann geht so ein Projekt. Für Johann Schopf hat sich auf jeden Fall ein Lebenstraum erfüllt – oder wie er es sagt: „Ich kann etwas Cooles machen, das mir auch taugt.“

Im Vergleich zu den anderen drei Baumpfaden, liegt der konzeptionelle Schwerpunkt des Kopfinger Baumkronenpfad auf der Erlebnisgastronomie. Erst in schwindelnder Höhe über den Pfad spazieren…

etwas über den Wald und seine Tiere lernen, die Aussicht genießen, ein bisschen Action an verschiedenen Erlebnisstationen…

dann hungrig und garantiert durstig im Gasthof Oachkatzl einkehren. Und da bleibt man dann recht lange sitzen! Die Kinder sind garantiert für Stunden auf dem 5.000 qm großen Spielplatz beschäftigt. Und weil man vom Nachwuchs nichts hört, können es sich die Erwachsenen auf der Gasthof-Terrasse oder drinnen im Restaurant so richtig gut gehen lassen.

Was beim Spielplatz positiv auffällt, da hat nicht einfach jemand ein paar Spielgeräte aufgestellt, sondern sich auch was dabei gedacht. Wichtig war Johann Schopf vor allem, dass sich die Kinder viel bewegen und herumtollen können. Als wir den Rückweg antraten, wurden wir von zwei kleinen Jungs überholt, die schon auf dem Hinweg immer wieder die Treppe hochgerannt waren, um die 50 Meter lange Tunnelrutsche zu rutschen. Die müssen am Abend völlig fertig gewesen sein… Die beiden Krabben konnten zwar noch nicht lesen (und sind verbotenerweise zu zweit runtergerutscht), aber sie haben so getan als ob und uns vorgelesen, dass man nur rutschen darf, wenn man noch keine 100 ist. Dann haben sie es auf 31 korrigiert und sind lachend in der Tiefe verschwunden.

Gut durchdacht: Die Rutsche läuft unter einem Dach aus, sodass alle Kids oder auch Erwachsene mit trockenem Hosenboden unten ankommen und nicht mit dem Hintern im Matsch sitzen.

Auch das große Trampolin hat ein Dach und kann selbst bei schlechtem Wetter behüpft werden.

Weitere Highlights für die Youngsters und die Junggebliebenen sind ein Labyrinth, Riesenschaukeln, ein Barfußweg, Yolatesweg, Niederseilgarten, Gleichgewichtsstationen und vieles mehr. Einige der Stationen liegen auf dem zweiten Teil des Rundweges, der hinter dem Gasthof beginnt. Insgesamt ist der Rundweg 2 km lang.

Wer länger im Wald bleiben möchte, der sollte eine oder mehrere Nächte im Baumhotel einchecken.

Auf etwa 10 Meter hohen Stelzen stehen sechs sternförmig angeordnete „Hotels“, die durch eine Brücke mit einer Mittelsäule verbunden sind. Um diese windet sich die Treppe über 72 Stufen hoch zu den komfortabel ausgestatteten Holzhäusern.

Jedes dieser kleinen „Hotels“ hat ein Schlafzimmer mit Doppelbett, Wohnzimmer, Kochnische, Essbereich, Dusche und WC. Weitere 4 Betten gibt es auf der darüber liegenden Galerie.

Während wir da hoch gestiefelt sind, haben wir noch gedacht: Puh viel Gepäck sollte man hier nicht mitbringen. Aber das ist kein Thema, es gibt einen kleinen Lastenaufzug.

Man muss sein Gepäck auch nicht mühsam durch den Wald schleppen; hinter dem Gasthof gibt es einen Extraparkplatz für Hotelgäste. Wären wir nicht mit Hund gereist, hätten wir uns selbstverständlich in so ein süßes Häuschen eingebucht. Richtig schön!

Der Gasthof und das Hotel haben das ganze Jahr geöffnet. Johann Schopf war sich anfangs nicht sicher, ob die Gäste auch in der dunkleren Jahreszeit in den Wald kommen. Tun sie! Der Pfad bleibt jedoch in den „glatten“ Monaten von November bis April geschlossen – außer es finden besondere Veranstaltungen statt, wie die Silvesterparty oder die schaurigen schönen Gruselnachtwanderungen.

Weitere Höhepunkte im Waldjahr sind die Wildbrettpartie im Gasthof (November) und die Waldweihnacht.

Im Frühjahr geht es auf Ostereiersuche…

Der Ausflug zum Baumkronenpfad macht das ganze Jahr Spaß. Das Alter ist egal. Wer den Pfad zwischen den Wipfeln gehen möchte, sollte jedoch halbwegs schwindelfrei sein, Treppen steigen und im Optimalfall über die Brüstung kucken können.