Weihnachtlicher Badeurlaub in Island

Lasst uns dieses Jahr Weihnachten mal ganz was anderes machen. Irgendwohin fahren, wo zu dieser Zeit noch keiner gewesen ist, den wir kennen. Flug gebucht. Zimmerchen gesucht und ab nach Reykjavik.

Das einzige, was ich über die isländische Hauptstadt wusste, war, dass die Straßen im Winter beheizt werden, um sie eisfrei zu halten. Außerdem wusste die Dame im Reisebüro: Es soll nicht so kalt sein, wie wir denken. Ansonsten wusste ich so gut wie gar nichts über Urlaub in Island – im Winter schon mal gar nicht. Völlig blauäugig stiegen wir ins Flugzeug ein, ganz nach der Devise: Schaun wir mal, was kommt.

 

Unsere Reiseinformationen beschränkten sich darauf, dass wir vom Flughafen Keflavik mit dem Bus nach Reykjavik fahren mussten, bis zum BSI, dem zentralen Busbahnhof am Domestic Airport, von dort die große Straße überqueren und dann schräg gegenüber in der Soleyargatan das Haus mit der Nummer xy suchen. Dort hatten wir uns eingemietet. Der Busfahrer wusste eindeutig mehr über unseren Winterurlaub als wir, denn der kannte sämtliche Übernachtungsmöglichkeiten in Reykjavik und wusste sofort, wo wir hinwollen.

Der Landeanflug auf Island war ein kleiner Schock. Alles Berge, alles weiß. Nirgendwo ein Haus, nirgendwo Licht. Ist Island im Winter die Antarktis? So kam es uns vor. Jetzt wurden wir doch ein bisschen nervös. Dachten über unsere eingepackte Kleidung und Schuhwerk nach und stellten fest, dass wir gewiss nicht optimal für die Antarktis ausgestattet waren.

Island ist natürlich nicht die Antarktis. Der Flughafen Keflavik liegt jedoch völlig ab vom Schuss, deshalb war aus dem Flugzeug außer Einöde nichts zu sehen. Der meterhohe Schnee bei unserer Ankunft war tatsächlich recht ungewöhnlich – behauptete zumindest unser Zimmerwirt, als er irgendwann eintraf, als wir es uns schon auf dem Sofa gemütlilch gemacht hatten. Der Schlüssel lag unter einem Stein vor der Haustür. Drinnnen fanden wir die Nachricht, dass wir Einar anrufen sollen, wenn wir da sind. Er kommt dann. Er kam dann. Wir bekamen unser Zimmer in der zweiten Etage unterm Dach zugewiesen (tolle Aussicht von da oben) und wir waren in Island. Cool!

Am nächsten Morgen gleich der nächste Schock. Egal zu welcher Uhrzeit wir aus dem Fenster schauten, es war stockdunkel und es wollte und wollte nicht heller werden. Ja, von der Polarnacht wussten wir natürlich, aber davon wissen, ist was anderes als auf’s Tageslicht zu warten, das einfach nicht kommen will. Und was fängt man dann mit dem nachtdunklen Tag an? Wir haben erstmal so lange geschlafen, bis wir ohne Taschenlampe vors Haus konnten. Es war ein ziemlich komisches Gefühl, weil wir am ersten Tag gar nicht abschätzen konnten, ob es die ganze Zeit so dunkel bleibt, oder ob es doch noch etwas heller wird. Und wann?

22.12. 2008, Reykjavik um 10:42
Gegenüber der Straße lag praktischerweise eine Tankstelle mit kleinem Supermarkt und einem Subway.

So gegen 11 Uhr haben wir uns dann doch mal runter ins Esszimmer begeben, wo wir auf zwei Asiaten trafen. Keine Ahnung, woher die beiden Jungs kamen, sie wollten nicht mit uns reden, haben uns nicht angeschaut, und auch kein Wort zur Begrüßung geäußert. Vielleicht waren es auch Inuit auf Südurlaub? Jedenfalls hatten sie das ganze Frühstück abgeräumt. Außer Toastbrot und Butter war nichts mehr da.

Bei meterhohem Schnee waren wir gestern nachmittag in Island eingetroffen. Am Morgen danach war fast nichts mehr davon übrig. Irgendwann in der Nacht hatten warme Winde eingesetzt und Reykjavik war eine einzige Schneematschlandschaft. Island ist im Winter gar nicht so kalt, wie man denkt… (Golfstrom!) Aber der ganze Schnee über Nacht weg, das war irgendwie auch nicht so toll. Es war doch Weihnachten!!!

Hier ein Beweisfoto, dass wirklich schon Mittag ist!

Bis 14 Uhr war es ein bisschen heller geworden. Bis dahin hatten wir das Zentrum schon ziemlich durch und alles gesehen.

Mangels weiterer Ideen, was wir anfangen können, gingen wir dahin, wohin alle Isländer gehen, wenn sie sich nach was Warmen sehnen: ins Schwimmbad

Ganz so unvorbereitet für die Ferien in Island waren wir also doch nicht, denn zwei von uns hatten ihre Schwimmsachen eingepackt. Nur die dritte musste sich einen Badeanzug von der zweiten ausleihen. Was erstmal zu Diskussionen und lautem Protest führte. Wir haben sie damit getröstet, dass der Badeanzug nur auf Island ihr Image zerstören wird, zu Hause weiß ja niemand, dass sie so ein peinliches Ding angezogen hat…

Das erste Schwimmbad, das wir besucht haben, war mitten in der Stadt, unweit der berühmten Hallgrims Kirche. Die Wassertemperatur im Innenbecken war recht frisch. Aber draußen gab es die islandtypischen Hotpots mit heißem bis sehr heißem Wasser. Hier saßen wir bis zum Hals in herrlich heißem Wasser, während uns der Wind um die Ohren pfiff… War cool!

Es gab auch Tage, da wurde es ein bisschen heller und freundlicher. Am zweiten Weihnachtstag zum Beispiel. Dann sah Reykjavik so aus.

Die schöne Hallgrímskirkja wurde gerade restauriert und war leider komplett eingerüstet.

Am Hafen wird fleissig gebaut.

Tag Zwei in Reykjavik: ab an den Strand

Weil wir kein Auto hatten, zogen wir mit dem Stadtplan los, um ans Meer zu kommen. Wollten wir schließlich auch gesehen haben. Es war gar nicht so weit, aber der Wind war krass kalt.

Meer gefunden!

Weil das Meer auch im Sommer sehr kalt ist und die Isländer gerne warm baden, wird das Meer warm gemacht. Keine große Sache, wenn man ohne Ende heiße Quellen hat. Der „Badestrand“ Ylströndin ist eine kleine Bucht, die künstlich beheizt wird. Ohne Heizung ist das Wasser im Sommer um die 12 Grad warm – bzw. kalt. Dank Einleitung von Heißwasser hat das Wasser angenehme 20 Grad. Es wurde auch ein Sandstrand aufgeschüttet, echtes Strandfeeling im kalten Island. Zu Weihnachten sah der Strand allerdings nicht sonderlich einladend aus.

Auf der anderen Seite der Bucht, gleich gegenüber vom „Badestrand“ steht Perlan (die Perle), Reykjaviks Warmwasserspeicher. Von hier oben wird Reykjavik aus sechs riesigen Tanks mit Heißwasser versorgt. Auch einige Gehwege und Straßen werden durch das Wasser beheizt. Hochgehen lohnt sich, man hat eine tolle Aussicht über die Stadt, außerdem gibt es ein Restaurant, ein kleines Museum und einen künstlichen Geysir.

Blick auf die Stadt vom Innland Flughafen aus.

Vatnsmýri

Und weil uns dann irgendwann sehr kalt war, gingen wir dahin, wo alle Isländer hingehen, wenn sie es warm und gemütlich haben wollen – ins Schwimmbad. Das hatten wir natürlich gleich mit eingeplant und die Badesachen eingepackt. Glücklicherweise gibt es in Reykjavik sehr viele Schwimmbäder – alles Freibäder mit thermal geheiztem Wasser und extraheißen Hot Pots…

Man muss allerdings erstmal ins warme Wasser kommen! Der Weg dahin führt von den Duschen ins Freie und in die eisige Kälte. Da muss man durch! Duschen in einem isländischen Schwimmbad ist auch ein Kapitel für sich. Dies hat nämlich nackt (NACKT!) zu geschehen, inklusive Reinigung sämtlicher schweiß- und bakterienanfälliger Körperregionen mit Seife. Angefangen bei den Achseln bis zu den Füßen. Die Isländer haben damit kein Problem, wohl aber die Touristen. Einige gehen deshalb gar nicht erst ins Schwimmbad.

Nach dem Schwimmbad sind wir noch mal in die Stadt gegangen.

Inklusive Hafenbesichtigung

Gegen 17 Uhr waren wir wieder zurück und totmüde. Also erstmal ne Runde schlafen… War ja eh stockdunkel. Um Acht waren wir wieder munter und sind shoppen gegnagen. Nicht weit von unserem Guesthouse war ein riesiges Shopping-Center.

Wir haben ein paar Icebären getroffen…

… und uns für ein Ice angestellt – wozu waren wir in Iceland?! Es war sehr lecker, die Auswahl an Eissorten und Streuseln und Soßen war riesig.

Und die Godis haben wir auch nicht nur angestarrt…

Der dritte Tag auf Island war Heiligabend und wir hatten nur einen Plan: In der Blauen Lagune planschen!

Unser Hausmanager hatte sich große Mühe gegeben, uns die Blaue Lagune als das schmutzigste und überlaufendste Schwimmbad in ganz Island anzupreisen, aber damit hat er uns weder vom Plan abgebracht, noch den Spaß verdorben.

Mangels fahrbarem Untersatz fuhren wir vom BSI aus mit dem Bus hin. Dort wird die Fahrt zur Blauen Lagune als Tagesausflug (etwa 4-5 Stunden inkl. Anreise und Eintritt) angeboten. An den verschiedenen Hotels wurden noch ein paar Touristen eingesammelt, die das gleiche Ziel hatten, dann ging’s los Richtung Keflavik.

Die nachfolgenden Fotos entstanden bei heftigem Zähneklappern und einem halben Kälteschock, denn ich hüpfte da im Badeanzug bei wenig Graden und heftigem Wind herum. Im Wasser macht einem das nichts aus. Aber außerhalb des Wassers hält man es logischerweise nicht sehr lange aus. Deswegen existieren leider auch nur wenige Fotos und die paar sind auch nicht von bester Qualität, weil wir nur die kleine „Taschenkamera“ mit ins Schwimmbad genommen hatten.

Das „Schneefeld“ auf dem nächsten Bild ist das stark mineralhaltige Wasser in der Blauen Lagune.

Worauf man in der Blauen Lagune ein bisschen Acht geben muss, ist der Boden. Da es ein Naturschwimmbad in einem Lavafeld ist, ist der Boden nicht gerade eben. Man sollte deshalb beim Gehen immer gut die Füße hochheben, sonst kann’s passieren, dass man sich die Zehen anhaut…

Und dann war der Spaß auch schon wieder vorbei. An dem Schnellimbiss vor dem BSI (ein Drive-Inn, den wir per Pedes besuchten) haben wir noch die letzten drei Portionen Pizza mit Cola gekauft, die es gab. Irgendwie hatten wir nicht bedacht, dass Heiligabend alle Restaurants geschlossen haben könnten…

So gab es Heiligabend Pizza mit Cola zum Abendbrot…

Und der Fernseher lief auch dabei. Sieht doch heimilig aus, oder?

Die selbstbräunende bebe-Creme rechts im Bild hatten wir für einen guten Teint mit nach Island genommen. Damit wir hübsch gebräunt nach Hause kommen.

Später am Abend sind wir zum Weihnachtsgottesdienst in die Hallgrim-Kirche gegangen. Wir waren dick vermummt wie Polarforscher. Die Isländer trugen Kleider und Anzüge aus feinstem Tuch. Wir hatten einen dicken Wollschal um den Hals und Mütze. Die Isländer hatten Seidentücher und Hüte… Wir wurden aber trotzdem so freundlich eingeladen, reinzukommen, dass wir auch underdressed reingegangen sind. Was gut war!

Die Kirche war wie bei uns an Weihnachten gerammelt voll, sodass hinten mehrere Reihen mit Extra-Stühlen aufgestellt wurden. Da saßen wir und lauschten den Isländern bei ihren Weihnachtsgesängen. War schön! Und auf dem Rückweg durch die dunkle Stadt war alles feierlich beleuchtet und in den Fenstern konnte man den Isländern beim Essen oder beim Geschenkeauspacken zusehen… War richtig wie Weihnachten!

Bei uns gab es dann auch ein paar Geschenke. Unter anderem Videos, die wir am Laptop angeschaut haben. Außerdem haben wir uns gegenseitig Island Krimis geschenkt.

Die Golden Circle Tour bei Eis und Schnee

Die Golden Circle Tour ist der Klassiker unter den isländischen Sightseeing Programmen. Ab Reykjavik starten täglich mehrere Busse zu den Geysiren, dem berühmten Gullfoss und Thingvellier. Als wir in Reykjavik losfuhren, schien es allerdings nicht sicher, ob wir überhaupt wegkommen. Es hatte wieder geschneit und der Bus hatte schon bei der ersten Anhöhe Mühe, die Straße hochzukommen.

Hat er aber geschafft. Die Straßen waren mit einer dicken Schneedecke überzogen und wirkten ziemlich glatt. Zudem hatte der Busbegleiter, der uns während der Fahrt gefühlte 32 Mal darüber informierte, dass es auf Island gar nicht so kalt ist, wie allgemein angenommen wird (nein, wir konnten uns davon überzeugen, dass es noch kälter ist, als wir angenommen hatten), also der Typ hatte eine ziemliche Schnapsnase und -Fahne und wir haben gebetet, dass sein Kollege am Steuer, dem Alkohol weniger zugetan und nüchtern ist. Irgendwie fährt man bei einem solchen Wetter lieber mit unalkoholisierten Leuten.

Ich fand es auf alle Fälle sehr beruhigend, dass wir mit mehreren Bussen in Kolonne fuhren. Das bedeutete zwar, dass nicht nur 30 sondern gleich über 100 Touristen aus den Bussen stürzten, wenn irgendwo Stopp gemacht wurde. Aber wären wir im Graben gelandet, hätten wir in die anderen Busse klettern können und mussten nicht erfrieren – so die Fahrt in den Graben überlebt hätten…

Weil wir Landkartentechnisch wirklich völlig verpeilt waren und überhaupt keinen geographischen Überblick hatten (wir wussten praktisch nur, dass es Vulkane und Geysire gibt), hatten wir nicht den Hauch einer Ahnung, wo wir da überhaupt rumgekurvt sind. Das haben wir erst zu Hause in Erfahrung gebracht.

Erster Stop bei unserer Fahrt ins Blaue – die im Stockdunkeln startete – war ein Kraftwerk. Wie das Kraftwerk heißt, wo es genau liegt, hab ich bis heute nicht herausgefunden. Und wie es funktioniert hat sich mir auch nicht erschlossen. Ich hab lieber ein bisschen rumgeknipst, als mich mit der Technik zu beschäftigen.

Nach dem Kraftwerk dann das Erlebnis heißer Geysir bei klirrender Kälte. Gott war das windig und eisigkalt. Bei dem Versuch, den Geysirausbruch bestmöglich zu fotografieren, sind mir fast die Finger abgefroren. Hat sich aber gelohnt. So ein Geysir ist schon was feines.

Anschließend ging es weiter zum Gullfoss. Ich kann nur sagen, so einen Wasserfall muss man gesehen, gehört und gefühlt haben. Bei der eisigen Kälte fühlt man ihn mindestens doppelt so intensiv.

Ich fand die Leute, die da vorne auf den Felsen rumgeturnt sind, ja völlig irre. Mittlerweile wird der Weg wohl im Winter gesperrt, aber als wir da waren, war er noch geöffnet.

Ich hatte trotz geöffnetem Weg kein Interesse, da auf dem Eis rumzurutschen.

Nachdem wir schon dreimal aus dem warmen Bus in die eisige Kälte gejagt worden waren, hielt sich die Begeisterung beim vierten Stop, auf den Pingvellir Felsen ziemlich in Grenzen. Wir haben fürchterlich geforen und unseren Busbegleiter fanden wir inzwischen so nervig, dass wir ihm gar nicht mehr zugehört haben. Schande über uns. Dabei ist es wirklich ein sehr interessanter und schöner Ort.

Zum einen liegt hier die Grabenbruchzone zwischen Europa und Nordamerika. Zum anderen wurden hier die frühen isländischen „Parlamentssitzungen“, abgehalten. Die Basaltwände der Abbruchkante reflektieren den Schall so gut, dass der Sprecher, wenn er oben auf dem Felsen stand, von vielen hundert Menschen gehört wurde.

Wir sind im Dunkeln losgefahren und kamen im Dunkeln zurück. Glücklicherweise hatte das BSI noch offen, und wir bekamen im Restaurant eine warme Mahlzeit.

Ja und dann kam auch schon bald der letzte Tag auf Island, der mit dem Beschluss endete, bald mal im Sommer wieder zu kommen.