Die letzten 350 km zum Nordkapp

Mein großes Ziel war es, am Nordkapp die Mitternachtssonne mit Blick auf’s Eismeer zu erleben, aber dann kamen mir ein paar Sachen dazwischen…

Am geplanten „Nordkapp-Tag“ waren wir schon richtig früh on tour. Gegen 6 war ich munter und bereit, die etwa 250 – 300 km Strecke anzugehen. Ich hatte also 18 Stunden, um ganz gemächlich zum Nordkapp zu gelangen. Kein Problem sollte man meinen. Aber irgendwie wurde ich immer wieder ausgebremst.

Das fing gleich mit der Rentierherde an, die morgens plötzlich auf unserem Wildcampingplatz auftauchte. Nichts mit fahren, sondern kucken!

Der nächste Stopp – noch total müde – wurde in Nesseby beim Varanger Samiske-Museum. Das hatte um 7 Uhr natürlich noch geschlossen, aber es gab auch ein paar Außenanlagen, die man sich anschaun konnte. Hab ich gemacht – wo ich grad da war… Wäre ich einen Monat früher da gewesen, hätte ich König Harald und Königin Sonja treffen können, als sie das Museeum besucht haben.

So ein süßes Torfhaus gab es in meinem Kinderbuch „Elle Kari“ auch. Ich fand es immer sooo cool, wie die Lappen hoch im Norden in Eis und Schnee leben. Ich weiß, sie heißen inzwischen Sami. Aber damals hießen die Lappländer noch Lappen.

So sieht es innen aus. Geräumiger als man denkt und gar nicht so ungemütlich. Nur ein bisschen düster vielleicht.

In einigen Regionen Lapplands wurden solche Häuser noch bis nach dem zweiten Weltkrieg genutzt. Ich hab ja lange geglaubt, die Lappen wohnen noch immer wie Elle Kari in Erdhäusern. Wenn du in den 70ern mit Elle Kari aufwächst, dann muss es genauso in Lappland sein, wie in dem Buch! Sagt einem doch keiner, dass die Lappen längst richtige Häuser haben! Wunder mich eh, dass die in den 70ern ein Kinderbuch aufgelegt haben, dessen Realität schon den 50ern nicht mehr wahr war. Das Buch ist übrigens das aufregendste Kinderbuch, das ich je hatte! Weiß nicht, wie oft ich das als Kind vorgelesen bekommen hab. Jede Nacht?

Den Vormittag haben wir am Strand des Tanaelv herumgetrödelt. Rossi ist gefühlte 20 km seinem Ball nach gejagt. Mit und ohne Vollbad. Und ich konnte ganz mückenungestört die Sonne genießen.

Dem Ziel Nordkapp waren wir noch nicht viel näher gekommen, obwohl es mittlerweile schon mittags war.

Im weiteren musste ich natürlich alle Augenblicke anhalten, um die phänomenalen Ausblicke zu fotografieren,  oder was mir sonst so vor die Linse kam.

Manchmal war die Straße total blockiert.

Oder sie wurde gerade erst gebaut.

Hammermäßig, was die da oben für Straßen bauen! An der einen Stelle wird der Berg abgetragen und nach Zerkleinerung an der anderen Stelle zu einer Straße aufgehäuft. Durch die Landschaft geht ein richtiger Damm, von dem man schnell den Abflug machen kann, wenn man nicht aufpasst.

Großer Nachteil dieser aufgetürmten Straße: Man kann nicht mehr einfach rechts oder links neben der Straße halten.

Rings um das große Straßenbauprojekt war gar nichts. Der nächste Ort war so weit entfernt, dass die Bauarbeiter in Containern wohnten und mit dem Fortschreiten der Straße weiterzogen.

Als ich schließlich das Ende der Baustelle erreicht hatte, dah mein Auto etwas anders aus…

Um das eingesaute Auto zu säubern und weil ich selber dringend ein Bad samt Haarwäsche brauchte, suchte ich mir einen Fluss. Plan war es, einen Topf Wasser zu erhitzen und das kalte Flusswasser auf eine angenehme Temperatur zu bringen. Aber kaum hatte ich einen Eimer Wasser geholt und den Campingkocher aufgebaut, waren die Kriebelmücken zur Stelle. Und zwar so massiv, dass ich das Bade-Projekt gleich wieder abblies. Die hätten mich schon gefressen gehabt, bevor das Wasser überhaupt nur warm war. Und dann noch ausziehen und waschen??? Nee.

So wurden nur die Fensterscheiben von außen gewaschen. Was irgendwie Quatsch war. Denn die ganzen Kriebelmücken hatten sich an Rossi festgesetzt und kamen in Scharen mit ins Auto. Siehe Rossi und die Kriebelmücken. Sie klebten dann alle totquetscht von innen an den Fensterscheiben. Das Ergebnis waren völlig blutverschmierte Scheiben von innen.

An dem Flussbett gab es hübsche Steine.

Ich hab über eine Stunde gebraucht, bis die Mücken halbwegs alle aus dem Auto oder tot waren. Mistviecher!

Gegen 18 Uhr erreichten wir den Sifar Canyon, einer der tiefsten Canyon in Europa. Besonderes Merkmal ist sein grünes, kristallklares Wasser.

Auf dem Parkplatz entdeckte ich dann, was die Kriebelmücken mit dem armen Rossi angestellt hatten und war verdammt sauer. Mein Hund reagiert offensichtlich allergisch auf die Bisse von Kriebelmücken.

Ein Glück, dass ihn das nicht weiter gejuckt hat.

Der Möwennachwuchs ist in der Mauser.

Um 20 Uhr hatte ich endlich Lakselv erreicht und damit immer noch 200 km vor mir. Ich hätte es problemlos noch in den 4 Stunden zum Nordkapp schaffen können. Aber dann kam Trollholmsund…

Die „Trolle“ sind besonders geformte Steinformationen am Strand. Da wollte ich auch noch hin, weil sie so fotogen sind. Also „schnell“ noch zu den Trollen. Die Wanderung durch Wiesen und am Strand entlang dauert hin und zurück etwa 1.5 Stunden. Die kam ich dann zu spät zur Mitternachtssonne am Nordkapp. Aber ich bereue nichts :-))

Startpunkt der Wanderung.

Auf dem Rückweg wollten 2 Lapphunde lauthals Freundschaft mit Rossi schließen.

Und danach bin ich dann wirklich fast geradewegs zum Nordkapp durchgeschossen.