Mythen und Mysterien auf den Hebriden

Ja! Es gibt sie wirklich. Ich war in den letzten beiden Wochen siebenmal auf Eriskay und hab nicht mehr dran geglaubt, beim achten Mal hab ich sie mit eigenen Augen gesehen: Sieben Eriskay Ponys hoch oben, an der Westseite des Beinn Sgrithean. Die alte Rasse wurde vormals aus keltischen und nordischen Rassen gezüchtet und ist heute super selten.

Freundliche Eriskay Ponys
Weil sich nicht extrem viel über Eriskay erzählen lässt, das aus touristischer Sicht interessant wäre (es gibt ein gutes Lebensmittelgeschäft, eine Post, den Fährhafen nach Barra), hat man  das Eriskay Pony als eine von insgesamt zwei einhalb Attraktion herausgepickt. Besonderes Zuchtmerkmal dieser Ponys ist ihre Freundlichkeit.

Vor den sieben Ponys am Hang hatte ich schon einige Sichtungen auf Barra und South Uist. Um sicher zu gehen, dass ich hier keinen falschen Ponyfotos zeige, hab ich jedesmal gefragt, ob das Pony da tatsächlich ein Eriskay ist. Ja! (Falls doch falsch, wurde ich belogen!) Außerdem wurde mir noch mal versichert, dass sie sehr sehr freundlich sind, wenn man ihnen ein Stück Zucker oder Brot gibt. Da wäre ich auch nett, wenn ich ein Pony wäre.

Leider konnte ich ihre Freundlichkeit nicht so richtig überprüfen, ich wusste nicht, was man sagen muss, um ein schottisches Pony anzulocken. Alles was ich probiert hab, klappte nicht. So ist das freundliche Pony nicht dicht genug an den Zaun gekommen, dass ich es streicheln und die Haare aus den Augen streichen konnte, für ein vernünftiges Passfoto. Gefüttert hätte ich es natürlich nicht. Ich weiß, dass man anderer Leute Tiere nur mit Erlaubnis füttert.

Und dann hab ich noch ein Eriskay Pony getroffen, und die Bestätigung erhalten, dass sie sehr freundliche Ponys sind. Wenn Sie gerade nichts besonderes zu tun haben, laden sie zum kostenlosen Ponyreiten ein.

Anschließend ist das Ponychen zu mir an den Zaun gekommen, aber richtig streicheln lassen wollte es sich nicht. Selber schuld!

260.000 abgesoffene Flaschen Whisky
Damit sind wir bei der zweiten „Attraktion“ von Eriskay. Wir schreiben das Jahr 1941, als das Frachtschiff SS Politician (was für ein Name) untergegangen ist. Die Politician war mit Whisky für Amerika auf dem Weg nach Jamaica und New Orleans. Kaum losgeschippert, ist sie vor der Küste von Eriskay auf eine Sandbank aufgelaufen.

Die Besatzung wurde nach Barra gerettet und der Whisky in die Vorratsschränke der Hebriden-Bewohner. Bis aus Lewis sollen die Boote gekommen sein, um den Whisky zu „retten“. Das war natürlich nicht ganz rechtens, aber die Hebs sahen es nicht als sonderliche Straftat an.

Eigentlich hätte sich auch niemand groß für den Klau interessiert, wenn der Whisky nicht als Export-Artikel unversteuert gewesen wäre. Dessenthalben lief der Zollbeamte Charles McColl Amok und beraumte großangelegte Razzien in den Dörfern und Crofts. Der Großteil der Flaschen blieb dennoch verschwunden und die Hebs haben 1941 zum besten Jahr während des Krieges erklärt. Im AM Politician Pub in Eriskay gibt es noch eine der Originalflaschen und andere Relikte des Schiffbruchs zu bewundern.

Der Whiskyraub inspirierte Compton Mackenzie’s 1947 zu dem Roman „Whisky Galore“ (Schiff). 1949 wurde die Komöde verfilmt, und weil die Geschichte so gut ist, gab es 2016 eine Neuverfilmung. Leider sind Buch und Film nur in englisch zu haben.

 

Der große Taschentuchtrick

Und finally noch eine halbe Attraktion, die keinen sonderlich interessiert, aber es ist eine nette Geschichte: Auf Eriskay wächst die Strandwinde, die nicht heimisch auf den Hebriden ist. Jemand hat sie eingeschleppt. Der Schuldige ist kein Geringerer als Bonnie Prince Charlie. 1745 ging er in Eriskay an Land, um für seinen Jakobiter-Aufstand zu werben. Als er sein Taschentuch aus der Tasche zog, verstreute er ein Samenkorn am Strand. Genauso ist es gewesen. Ja!

 

Mysterien, auf die ich keine Antwort gefunden habe

1. Warum haben alle Hebs einen vor sich hin rostenden Bus im Garten stehen?
Gut, „Alle“ ist übertrieben. Aber es gibt deutlich mehr Busse im Garten als bei uns. Bisherige Sichtung von verrottenden Bussen in deutschen Gärten: Null. Sichtungen auf den Hebriden: viele!

Daraus ergeben sich weitere Fragen: Warum verrottet der Bus da? Gab’s den geschenkt und er sollte einer neuen Verwendung zugeführt werden? Wenn ja, welcher?

2. Warum richtet keiner die Grabsteine auf, wenn sie umkippen?

Dürfen das nur Angehörige veranlassen, und wenn es nach 3 Jahrhunderten niemanden mehr gibt, bleibt der Grabstein schief, bis er irgendwann umkippt und dann liegt er da für die nächsten 400 Jahre?

3. Wie heiß ich?
Viele Hebs haben einen offiziellen englischen und einen gälischen Namen

4. Wie kann ein so kleiner Gänsehintern so viele Eier ausbrüten?

Angeblich legen Brandgänse 7 bis 12 Eier. Das sind aber fast 20 Chickens. Oder haben sich die beiden Erwachsenen nach dem Brüten zur ersten Gänse-Patchwork Familie zusammengeschlossen? Brandgänse brüten in Höhlen (sehr gerne in Kanninchenbauten), deshalb braucht das Weibchen kein unauffälliges Gefieder und Jungs und Mädels sehen nahezu gleich aus.

5. Wie schaffen es die Schotten, dass die Giebel stehen bleiben, wenn das restliche Haus längst verschwunden ist?

Und wohin ist das restliche Haus verschwunden?

6. Wie soll das gehen?
Beyond this point ist die Mauer!

Und dann hab ich noch folgende Entdeckungen gemacht

1. Schafe ohne Wolle sehen doof aus!

Ich glaube, sie wissen das, und es ist ihnen peinlich.

Dieses arme Schaf, sollte seinen Friseur auf Schmerzensgeld verklagen!

2. Mein Hund ist klüger, oder zumindest geschickter, als alle Schafe, Pferde und Kühe dieser Welt
Jawoll!