Steintag auf Birsay

Die Ebbe kam und mein Plan war es, zur Insel Birsay rüberzulaufen. Der Fußweg zu der Gezeiteninsel ist täglich nur für ein paar Stunden nutzbar. Wenn man die Ebbe verpasst, kommt man nicht rüber oder nicht mehr zurück.

Als ich um 17 Uhr den Parkplatz erreichte, war die Flut allerdings immer noch zu hoch, ein Teil des Weges stand knietief unter Wasser. Es war zum späten Nachmittag hin wieder recht stürmisch geworden.

Alldieweil die Flut weiter sank, hatte ich Zeit, mich in der Birsay Village zu verlustieren. Es ist nur ein kleiner Ort mit ein paar Häusern. Aber es gibt eine historisch bedeutungsvolle Kirche und die Earls Palace Ruine.

Die Kirche war vormals die Bischoffskirche der Orkneys, erbaut 1064. Sieht nicht so alt aus, aber das Fundament ist über 900 Jahre alt. Der heilige Magnus wurde hier nach seiner Ermordung im Jahr 1115 beerdigt.

Das Ganze „wer, warum, wieso- ermordet“ ist eine höchst komplizierte Familien-Geschichte. Kurzfassung: Die beiden Cousins Haakon und Magnus waren gemeinsam Herrscher der Orkneys, das klappte aber nicht. Haakon wollte die Alleinherrschaft und ließ Magnus hinrichten. Was ihm hinterher angeblich leid tat – na immerhin!

Als es nach Magnus Beerdigung verschiedene Miracles rund um die Kirche gab, begannen die Leute nach Birsay zu pilgern, zwecks Absolution und Heilung ihrer diversen Gebrechen. Später wurden Magnus‘ Überreste in die neu erbaute Kathedrale in Kirkwall überführt. Da Magnus sehr gläubig war (Er hat Psalmen gesungen, statt sich mit anderen Wikingern zu bekriegen) und als Märtyrer galt, hat ihn Papst Leo XIII 1898 heiliggesprochen.

Die Kirche an sich ist eher schlicht. Bemerkenswert ist das Ostfenster, in dem zwei Szenen aus Magnus‘ Leben dargestellt werden. Links das Fenster erinnert daran, wie er in Norwegen Psalmen sang, statt zu kämpfen. Rechts weiß ich nicht mehr. In der Kathedrale in Kirkwall gibt es auch eine Gemälde-Serie mit den Stationen seines Lebens.

Unten die kläglichen Reste vom Earls Palace. Der Earl war Lord Robert Stewart, ein illegitimer Sohn von James V, und von Beruf schlimmer Tyrann. Auf der Tafel steht allerdings: But the blackness of Lord Robert’s reputation pales into a lighter shade of grey beside that of his son Patrick, who succeded him officially as Earl in 1600. Soll heißen, gegen seinen Sohn Patrick, der ab 1600 Earl wurde, sah Robbie richtig blass aus, sein Nachfolger war noch schlimmer.

In Kirkwall gibt es eine weitere Earls Palace Ruine und zu Patricks Bautaten gehört Scalloway Castle auf Shetland.

Die Ruine ist als Denkmal der Kategorie A eingestuft, aber das kratzt die Krähen nicht… ;-)))

Wieder am Ende von Birsay – weiter auf die Ebbe warten. Die Drei amüsieren sich derweil mit Fotografieren. Und ich amüsier mich mit dem Fotografieren von Leuten, die voll im Wind stehen und Fotografieren. 😉

Endlich gab die Flut den Weg frei und die ersten Besucher stürmen die Insel. Nach ihnen war ich die zweite ;-))) Hab vorher noch schnell neben dem Auto meine halbwegs saubere Hose gegen eine dreckige getauscht, was eine gute Entscheidung war.

Der Weg ist pro Ebbe nur 2 Stunden nutzbar. Man sollte also ein bisschen auf die Uhr schaun, sonst bekommt man nasse Füße oder man sitzt über Nacht auf der Insel fest, was je nach Wetterlage nicht so spaßig ist.

Erwähnte ich schon, dass Orkney tolle Gesteinsformationen hat?

Einer der Gründe, die Insel zu besuchen, sind die Reste einer ehemaligen Piktensiedlung aus dem 7. Jahrhundert. Sie wurde dann später von den Wikingern übernommen.

Mein Weg führte links von den Ruinen die Klippen hoch. Ich wollte nach Papageientauchern Ausschau halten. Es war super stürmisch!

Und tatsächlich, die Anstrengung hat sich gelohnt. Ich begegne meinen ersten Puffins. Leider liegt zwischen uns ein breiter Abgrund, sodass ich sie nicht näher ins Bild kriege. Aber die Kerlchen sind trotzdem ein Erlebnis, da stört es mich nicht mal, dass es anfängt zu regnen .

Der Leuchtturm wurde von Ingenieur David Alan Stevenson gebaut, der aus einer ganzen Familie von Leuchtturmbauern stammt: Großvater, Vater, Onkels, Bruder, Neffe…. Robert Louis (Balfour) Stevenson (Die Schatzinsel…) war sein Cousin,

Wusch…

Palawer bei den Eissturmvögeln.

Nicht so dicht an den Abgrund!

Wer wohnt hier?

Noch mal die Ruinen von oben

Ich war pünktlich vor Ablauf der zwei Stunden wieder am Pfad und konnte die Insel trocknen Fußes verlassen. Hatte jetzt eine fette Blase zwischen den Zehen und Wut auf die Hersteller meiner Wanderschuhe. Gedanklich war ich schon dabei, Beschwerdebriefe zu verfassen. Dass ich Blasen bekommen hab, dafür können sie nichts. Aber die Dinger haben überhaupt keinen Griff und ich bin auf dem nassen Gestein in den Klippen und zwischen den Inseln mehrfach ausgerutscht, was ich nicht so lustig fand.

Die drei Steine auf dem nächsten Foto gehören zum Ring of Brodgar. Daran kam ich auf dem Weg zum Campingplatz vorbei. Fotos gibt es morgen in aller epischer Breite 🙂

Wer den wohl dahin gesetzt hat?

Ein paar Hundert Meter weiter: die Stones of Steness

Die Bewacher der Steine!

Stenness

Plan für morgen ist es, gaaaanz früh aufstehen und zum Ring of Brodgar fahren – dem größten Steinkreis auf den Orkneys. Als ich heute Abend vorbei kam, wimmelte es von Besuchern. Aber ich war klatschnass und durchgeforen und hatte keine Lust mehr auf „Draußen“. Deshalb nehm ich ihn mir morgen in Ruhe vor.

Noch ein paar Stationen des heutigen Tages:
Ein paar Kilometer außerhalb von Stromness liegt ein alter Friedhof. Durch eine Pforte an der hinteren Mauer gelangt man an einen felsigen Strand.

Ein hübscher Stein, den ich meiner steinesammelnden Mutter mitbringen wollte. Hab dann aber beschlossen, dass ein Foto reichen muss, um meinen guten Willen zu belegen ;-)))

Noch ein hübscher Stein. Aber eigentlich waren ja alle Steine auf Orkney hübsch ;-))