Unterwegs auf Uist und Barra

Meine Ankunft auf North Uist (der nächst größeren Hebriden Insel nach Harris) verlief nicht ganz so optimal. Es regnete, es war grau und kalt, richtig scheußliches Wetter. Die Landschaft war flacher und sandiger, die Schafe alle schwarz – was Rossi komplett verwirrte. Der Hund war mies drauf, ich war mies drauf und kurz davor, gleich die nächste Fähre zurück nach Harris zu buchen.

Der Grund für meine miese Laune hatte natürlich nichts mit den schwarzen Schafen (es gibt auch weiße, aber tatsächlich ungewöhnlich große Herden mit schwarzen Schafen) oder dem Regen zu tun.

In den letzten drei Wochen hatte ich auf Lewis und Harris viele nette Leute kennengelernt. Die wiederum hatten anderen von mir erzählt, was dazu führte, dass ich überall wo ich hinkam, von Leuten gegrüßt wurde, die ich gar nicht kannte. War fast noch schöner als zu Hause.

Auf North Uist stand alles wieder auf Null. Ich musste mich neu orientieren – gibt es hier ebenfalls öffentliche Duschen? (ja!) Wo kann ich nachts mit dem Auto stehen, woher krieg ich Wasser… Kein großer Supermarkt mehr in der Nähe, wie in Stornoway. Auch keine richtige Stadt mehr, wenn man mal nen Inselkoller und das Bedürfnis nach Stadt hat. Und last, but not least war das geplante Wäschewaschen-Projekt gefährdet, für das ich mich extra für zwei Tage auf einem Campingplatz eingebucht hatte.

Glücklicherweise sah die Welt am zweiten Tag wieder ganz anders aus. Obwohl der Wetterdienst einen grauen Tag mit Wind und Regen und max 10 Grad angekündigt hatte, war der Himmel von morgens bis abends blau und wolkenlos. Im Windschatten war es schmelzend heiß, im Wind war es frisch. Was dazu führte, dass ich die Sonne komplett ignorierte und mir den nächsten Sonnenbrand einfing. Nicht, weil ich in der Sonne gesessen oder gelegen hätte, sondern weil ich Wäschetag hatte und mein Auto aus und wieder eingeräumt habe. Tja, das geht hier mit der Sonne schneller als man denkt. Ich bin so braun wie seit 20 Jahren nicht mehr. Also im Gesicht, Hände und Unterarme. Der Rest ist ja meistens mit einer, wenn nicht zwei Lagen Kleidung bedeckt.

Und abends hatten wir einen 1a Sonnenuntergang und alle Campingplatzbewohner kamen zur großen Sonnenuntergangs-Show.

Inzwischen wohne ich seit rund vier Wochen in meinem Auto. Gut, es ist geräumiger als ein normaler PKW und zweckmäßig ausgebaut. Aber es sind nur wenige qm „Wohnfläche“ bei einer Deckenhöhe von 1,30 m. Und ja, ich hatte schon den einen oder anderen Autokoller. Nicht so arg, dass ich nach Hause wollte. Aber bei richtig schlechtem Wetter, das man hier häufiger hat, mal kurz, mal länger, hab ich mich schon gefragt: „Shit, was mach ich jetzt mit dem Tag?“

Die Komponente Regen war im Mai außerdem häufig mit starkem Wind und Kälte verbunden. An einem Tag hatte es ab Nachmittag in einem durch geregnet, am nächsten Morgen ging es mit Nieselregen weiter und dann zog auch noch Nebel auf und es war so saukalt, dass ich mir dringend ein paar Handschuhe gewünscht hätte. Da war ich zum ersten mal so richtig wettersauer. Regen, Sturm, eiskalt und keine Sicht!

Es war einfach grau, dunkel und bäh…

Der Tag wurde dann aber doch noch gut. Wind und Kälte blieben, der Regen hörte irgendwann auf und dann war am frühen Abend die Bucht voller Kegelrobben.

Bestimmt 20 Seehunde, die wie die Orgelpfeifen immer umschichtig pling, pling, pling mit den Köpfen hoch und runter gingen.

Da wusste ich wieder, das Wetter gehört nunmal zum Gesamtpaket dazu.

Abends fand ich einen guten Stellplatz für die Nacht: Und am nächsten Tag war es wieder richtig schön und gut!

Und tagsdrauf war es so heiß, dass ich darüber nachdachte, von welcher Hose ich die Beine abschneiden soll. Ich erinnere, zwei Tage vorher wollte ich Handschuhe kaufen!

Auf North Uist ist es tatsächlich ganz anders als auf Harris und Lewis. Die Westküste hat ein bisschen was von einer deutschen Nordseeinsel, endlos lange Strände, ähnliche Seevögel (lauter Bodenbrüter) und auch die Landwirtschaft und die „Besiedlung“ ist ähnlich. Allerdings ist das Wasser kristallklar und hat eine irre Türkisfarbe und die Strände sind weißer und sauberer (nach meinem Empfinden).

Erst dachte ich, dass hier wegen der tollen Küste mehr Touristen unterwegs sein müssten als auf Harris und Lewis. Es gibt mehr Ferienhäuser und sogar Feriensiedlungen. Aber es verläuft sich irgendwie. Die Möglichkeiten, am Strand zu übernachten, sind hier noch besser und man ist fast alleine (im Mai / Anfang Juni zumindest).

Nach den ersten beiden Tagen auf dem Campingplatz war ich zwei Nächte am gleichen Standplatz auf Berneray (kleine vorgelagerte Insel vor North Uist, durch Damm verbunden). War herrlich. Nur auf’s Meer und nach Harris rüber schaun, lesen, Rossi die Bälle zum Strand runterwerfen und sonst nichts tun… Und ich hatte da sogar 1a Wifi. Gut, das braucht man nicht unbedingt. Aber wenn man extra zwei Tage auf einem Campingplatz bucht, weil der WIFI hat und man sich dann über eine grottenschlechte Verbindung ärgert, ist WIFI im Nirgendwo echt der Hammer.

Auf der Nordseite von Berneray gibt es eine felsige Bucht, in der die Robben abhängen.

Die Robben auf denselben Felsen (rechts die Spitze), bei steigendem Wasser…

Rush Hour auf North Uist.

Allerlei Ruinen aus den verschiedensten Epochen, vor allem aus dem Mittelalter, gibt es natürlich auch. Aber ich hab mich nicht so richtig damit auseinander gesetzt. Auf alle Fälle wurde hier gerne auf die kleinen Inselchen in den vielen Seen und an der Küste gebaut. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Ruine eines Broche aus der Eisenzeit.

Scolpaig Tower wurde um 1830 auf den Ruinen einen eisenzeitlichen Brochs gebaut. Im Hintergrund, weit draußen im Meer sieht man die unbewohnten Flannan Inseln.

Falls jemand eine interessante Immobilie sucht…

Rossis Welt ist wieder in Ordnung, es gibt auch „normale“ Schafe.

Die Lilienblüte hat begonnen.

Da hat jemand gaaaanz viele Jakobsmuscheln gegessen!

Der nächste wunderbare Strand, an dem wir ganz alleine waren und wunderbar geschlafen haben.

Rossi auf Balljagd

In Erwartung eines wunderbaren Sonnenuntergangs, direkt vor der Haustür…

Stattdessen gab’s Regen

Der Regen war am nächsten Morgen wieder weg, aber der Sturm ist noch den halben Tag geblieben. Dann gab es wieder Sonnenschein und erneut die Aussicht auf einen wunderbaren Sonnenuntergang.

Südlich von North Uist schließt die Insel Benbecula an. Die beiden sind über Dämme miteinander verbunden. Darauf folgt dann South Uist als nächste Insel. Die Ostküste von Benbecula ist von Seen und Fjorden und unendlichen vielen kleinen Inseln durchzogen. Die Westküste ist von kilometerlangen und teilweise auch -breiten Stränden geprägt. Der Inselflughafen ist auf Benbecula, außerdem hat sich die Royal Army auf der Insel breit gemacht. Wer die britischen Wohnsiedlungen von der Rheinarmee in Deutschland kennt, solche Siedlungen gibt es hier auch. Unhübsch.

Jedenfalls hat sich die Royal Army einen total schönen kilometerlangen Strandabschnitt geschnappt und macht da explosive Sachen. Bei den Warnschildern bin ich lieber zum nächsten, nicht millitärisch okkupierten Strand gefahren.

Da gab es dann auch den erwarten Sonnenuntergang…

Gegenüber vom Strand war ein kleiner spooky Friedhof mit alten keltischen Kreuzen.

Das brachte mich auf die Idee, den Sonnenuntergang auf dem Friedhof zu fotografieren.

Ich gebe zu, es war schon ein bisschen gruselig. Rossi schien es sogar richtig spooky zu finden und wollte schnell wieder weg da. Nach dem Friedhofsbesuch hat er die ganze Nacht Geister gehört (der Wind hat geheult) und mich alle Augenblicke aufgeweckt. Das Drama gipfelte schließlich darin, dass ich seine Matratze auf die Holzkiste montiert hab, sodass er neben mir und unter dem Schlafsack schlafen konnte. Danach war Ruhe.

Der nächste Tag war richtig genial. So schön die weißen Strände sind, weiter im Süden gab es wieder „richtige“ Berge und typisch schottische Landschaft. Und viele Tierchens.

Ganz viele häßliche Entleins

Sind die nicht fluffig?

Halbwilde Ponys am Loch Sgioport. Eins hat den Kopf in mein Auto gesteckt und sich streicheln lassen.

Wildromantisch, wie  aus dem Bilderbuch…

Viel Landschaft…

… natürlich  mit Schafen…

… und einigen Kühen. Wobei diese hier von Rossi gelernt hat, dass man sich zum Trinken am besten ins Wasser stellt. Auf Uist und Benbecula gibt es deutlich mehr Rindviecher und Landwirtschaft als auf Harris und Lewis.

… Robben

…und Highlander Rossi, der das Wandern in den Bergen mindestens so toll findet, wie die Rennerei am Strand.

North Uist ist ehrlich gesagt nicht die schottische Insel, auf der ich mich absetzen würde, wenn ich mich auf einer schottischen Insel absetzen wollte. Benbecula war auch nicht so mein Fall, aber auf South Uist bin ich ziemlich lange hängen geblieben. Da gibt es auch wieder Berge, zwei Lebensmittelgeschäfte und gute Möglichkeiten, direkt am Strand zu übernachten. Außerdem sind zwei Häfen in der Nähe (= Dusche, Wasser + Internet).

Auf South Uist wurde die schottische Nationalheldin Flora McDonalds geboren und ist hier aufgewachsen. Ihr Grab hatte ich schon vor drei Jahren auf Skye besucht. Hat sich so ergeben, weil ich grad da war und wegen Regen nichts Besseres vor hatte.

Floras Heldentat bestand darin, dass sie Bonnie Prince Charlie auf der Flucht vor den Engländern geholfen hat, nachdem dieser den zweiten Jakobiteraufstand angezettelt hatte. Der Prinz wurde als Floras Zofe verkleidet und Flora ruderte ihn übers Meer nach Skye. Als die Heldin Flora viele Jahre später im Alter von 68 Jahren starb, soll der Trauerzug über einen Kilometer lang gewesen sein und der Legende nach floßen 600 Galonen Whisky. So steht es jedenfalls auf dem Monument, das an ihrem Geburtsort errichtet wurde.

An Bonnie Prince Charlie erinnert ein ähnliches Steintürmchen auf einem Hügel in der Nähe von Stornoway (Lewis)

Abends hatten wir wie gewohnt einen guten Strandplatz. Ich glaub, das hat man nicht oft, dass man beim Zähneputzen oder Kochen mit seinem Hund Ball spielen kann.

Rossi macht vor Freude Luftsprünge.

Und das Sonnenuntergangs-Programm ab 22 Uhr war auch wieder vom Feinsten!

Inzwischen hab ich die Insel Barra (südlichster Teil der Inselkette) erreicht. Hab aber noch nichts gesehen, denn ich stehe in dem kleinen Hafen und nutze das WIFI von Calmac Ferrys, um dir von North- und South Uist zu erzählen. Wie lange ich auf Barra bleibe, weiß ich noch nicht – depends on – wie die Schotten zu sagen pflegen. Aber anschließend werde ich die Tour wieder gen Norden machen, und nach Lewis und Harris zurückkehren. 

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