Mit dem Goggomobil um die Welt

Reisehelden müssen nicht unbedingt Menschen sein. Bester Beleg dafür ist das Goggomobil, ein Miniauto, das von 1956 bis 1969 von der Fa. Hans Glas in Dingolfing produziert wurde. Der kleine Goggo war in den 50er Jahren der fahrbare Untersatz zweier großartiger Weltreisen.

Der erste Goggo, der einmal rund um den Globus fuhr, war Puck. Am Steuer des Goggomobil 300 saßen der Seeshaupter Journalist Eitel Lange und seine Frau Ilse. 1955 packten sie das Autochen bis an den Rand voll und fuhren über Österreich/Serbien/Mazedonien durch die Türkei, den Iran, und Pakistan bis nach Indien. Ab Bombay ging der Puck dann zur See: Über Singapur gelangte er nach Japan, weiter nach Nordamerika und von dort wieder zurück nach Europa. Insgesamt kam er ohne größere Blessuren durch 17 Länder und drei Kontinente.

Ihre Reiseerlebnisse hat Eitel Lange in dem Buch „Puck und die Welt“ veröffentlicht. Man findet es noch ab und zu im Antiquariat oder bei Amazon  und Ebay.

Zwei Jahre später drehten auch Marlotte und Peter Backhaus den Zündschlüssel eines Goggos um und machten sich auf eine Reise, die fast 5 Jahre dauerte und sie durch 80 Länder und vier Kontinente führte. Nur „bis Australien sind wir nicht gekommen“.

Das Goggomobil hatte sich der Filmemacher Peter Backhaus u.a. wegen seiner Leichtigkeit ausgesucht – um den Wagen zur Not auch selber aus dem Graben oder aus Löchern heben zu können. Die Glas-Werke freuten sich über die erneute Gelegenheit solch publikumswirksamer Werbung (Backhaus wollte einen Reise-Dokumentarfilm drehen) und stiften das Goggomobil. Außerdem gab es einen Zuschuss für die Reisekasse und das Versprechen erforderliche Ersatzteile notfalls an jeden Fleck der Erde zu schaffen.

Während das Ehepaar Lange in Hotels, Pensionen oder Privatunterkünften nächtigte, wohnten die Bauhaus‘ meist im Zelt oder in ihrem „Schnüffelchen“. Die Rücksitze waren ausgebaut und das Auto konnte mit ein paar Handgriffen zum Bett umgebaut werden. Den paar Handgriffen ging natürlich jedesmal ein komplettes Auto ausräumen voraus. Aber nach ihren Erzählungen hatten sie den Dreh bald raus. Wichtig war, das alles immer am gleichen Ort verstaut wurde.

Im Fußraum hatten die Glas-Werke extra für die Reise einen Wassertank eingebaut, weitere Sonderausstattungen waren ein Kompass und eine Steckdose am Instrumentenbrett – letzteres für den Betrieb des Wasserkochers und Peters Rasierapparat!

Die Route der Backhaus‘ begann zunächst ähnlich, wie bei dem Ehepaar Lange. Über Österreich und Italien ging es nach Jugoslawien, Griechenland und in die Türkei. Hier bogen sie dann ab nach Syrien, fuhren durch den Libanon, Jordanien, Irak und Iran nach Pakistan und Indien. Von dort machten sie noch einen Abstecher nach Tibet und Nepal, bevor sie von Bombay mit dem Schiff nach Singapur fuhren. Weiter ging es auf dem Landweg durch Malaysia, Thailand, Kambodscha und Vietnam. Von Saigon wurde „Schnüffelchen“ nach Hongkong und dann Japan verschifft. Und dort war Ende. Das Auto war inzwischen so lädiert, dass es vom Zoll nicht mehr zur Weiterfahrt freigegeben wurde. Schluss mit Schnüffelchen.

 

 

Glück im Unglück – die Glas-Werke schickten ein neues Goggomobil, das die Backhaus‘ nach ihrer Ankunft in den USA übernahmen. Es war das neueste Modell, etwas größer als Schnüffelchen und es hatte auch mehr PS. Von San Francisco fuhren sie über den Yellostone Nationalpark nach Toronto, von dort quer durch die Staaten nach Los Angeles und über die Panamericana bis nach Argentinien. Wobei Teile der Panamericana nicht passierbar waren, sodass das Autochen mit dem Flugzeug von Panama nach Kolumbien gelangte. Nach Argentinien machten sie noch einen Abstecher nach Paraguay, kehrten nach Buenos Aires zurück und flogen mitsamt ihrem Auto nach Brasilien.

In Rio de Janeiro schifften sie nach Südafrika ein. Die Route über den schwarzen Kontinent ging u.a. durch Rhodesien (heute Simbawe und Sambia) über Kenia, Uganda, den Sudan, Tschad nach Nigeria. Von dort flogen sie nach Hause und wurden mit der Nachricht überrascht, dass ihre Reise noch nicht zu Ende ist. Den Glas-Werken war inzwischen eingefallen, dass sie das erste Goggo nicht in dem Film sehen wollten, sondern ausschließlich das neue Modell. So mussten die beiden den ersten Teil der Reise noch mal mit dem zweiten Goggo verfilmen.

Ihr Film „Traumreise zu dritt“ kam 1964 in die Kinos und wurde eine großer Erfolg. Nach dem Kinoeinsatz wurden die Kopien des Films leider vernichtet, so dass lange Jahre niemand mehr davon wusste. Bis der Filmemacher Matthias Kirketerp 40 Jahre später in Sachen Goggo recherchierte, das Ehepaar Backhaus ausfindig machte und auf deren Dachboden das Original-Filmmaterial entdeckte. Der Film wurde mühsam restauriert und kam 2007 als DVD heraus.

Die Geschichte ließ Kirketerp nicht mehr los, so besuchte er die Backhaus in Hamburg erneut, daraus entstand ein 45-minütiger Dokumentarfilm, der im Fernsehen unter dem Titel „Im Goggomobil um die Welt“ lief. Außerdem erschien ein Bildband mit tollen Fotos von der Reise und Anekdoten der beiden Weltreisenden.

Im Juli 2007 ist Peter Backhaus im Alter von 85 Jahren gestorben, Marlotte Backhaus folgte ihm wenige Monate später, sie verstarb mit 72.