Aus nicht bekannten Gründen, wirkt Rossi sehr anziehend auf weibliche Schafe. Egal wo wir unterwegs sind, sie wollen sich mit ihm unterhalten. Weiß der Geier warum. Vielleicht halten sie ihn für ein höchst sonderbares braunes Lämmchen unbekannter Rasse, unbekannter Herkunft – mit komischem Benehmen und komischem Geruch… Sie fangen an zu tuscheln und zu kichern und dann wollen sie ihn unbedingt anfassen oder belecken. Na ja, zumindest beschnüffeln wollen sie dieses merkwürdige Tier. Der arme Rossi wurde schon häufiger von aufdringlichen Schafdamen bedrängt.
Donald hat mit den neuen Lämmern dieser Saison ungefähr 400 Schafe, die mehr oder weniger wild auf Harris leben. Von den meisten hört und sieht er nur wenig. Aber einige halten sich auch in Haus Nähe auf und rennen um das weiß-getünchte Häuschen. Dass sie dableiben, dafür sorgt Archie, Donalds Bordercollie. Er schaut immer, dass ein paar Schafe in der Nähe sind, die er hüten und treiben kann. Wenn sie sich verdünnisieren, treibt er sich einfach ein paar neue zusammen – so zur Übung und zum Zeitvertreib.
Dass er schon am frühen Morgen seiner Lieblingsbeschäftigung nachgegangen war, konnte ich beim Öffnen der Vorhänge und dem Blick durch die regenbeschlagenen Fenster erkennen. Vor meinem Auto hatte sich eine kleine Truppe der halbwilden Schafe versammelt.
Archie trieb sie ein bisschen von hier nach dort und baute sich dann stolz mit seinen Schäfchen zum Gruppenfoto auf.
Während ich die hübsche Familienaufstellung knippste, ermunterte Archie seinen continental Freund Rossi zum Mitmachen. Rossi war schnell überzeugt, dass das Schafgeschäft ein neuer Spaß sein könnte. So folgte er ihm begeistert, um die Schafe von A nach B zu treiben. Leider hatte Rossi keinerlei Hütetrieb und stellte er sich so dumm an, dass die Truppe kurz davor war, auseinander zu brechen. Ich rief ihn schnellstens wieder ab. Kaum als Schafhirte angefangen, war seine Karriere schon wieder beendet. Archie war sichtlich enttäuscht, dass er Rossi nicht als Gehilfen einsetzen konnte. Er hatte auf großen Spaß mit seinem german dog friend gehofft.
Leicht frustriert zog er mit seinen Schafen weiter. Nach dem Frühstück führte Archie noch immer seine Schafe quer durchs Dorf. Dabei entdeckten die Wollpakete Rossi neben meinem Auto. Da war es ja wieder, dieses komische braune Lämmchen…
Die Harris Scahfe sind wirklich extrem scheu, normalerweise kommt man keine 10 Meter an sie ran. Aber diesmal störte es sie gar nicht, dass sie erst an mir vorbei mussten, um zu Rossi zu gelangen. Sie hatten nur Augen für das braune Rossi Schaf. Mich ignorierten sie komplett.
Wer zur Hölle ist der Vater von diesem komischen Schaf!?!
Rossi, dem die aufdringlichen Wollpelzträger so gar nicht geheuer waren, flüchtete schnellstens ins Auto und beknurrte sie aus sicherem Abstand.
Da merkten sie’s endlich, es ist ein HUND – kein Schaf.
Schnell weg hier!
Archie übernahm seine Truppe wieder und Rossi hatte seine Ruhe. Puuuuh…