Verliebt in Lewis und Harris

Sollte ich auf die Idee kommen, mich auf einer schottischen Insel absetzen zu wollen, dann wäre die Isle of Lewis / Harris die erste Wahl. Hier gibt es alles von zerklüfteten Bergen und endlosen Mooren bis zu karibischen Stränden. Es ist natürlich nicht karibisch warm – aber wärmer als man denkt… der Golfstrom.

Tatsächlich war es allerdings kälter als ich dachte. Irgendwie vergesse ich immer, wie kalt kalter Wind am Meer ist. Gestern und auch die ganze Nacht durch hatte es geschüttet. Damit war heute morgen glücklicherweise Schluss. Als ich wach wurde, schien mir die aufgehende Sonne ins Gesicht (ich hab ja keine Gardinen im Auto!) es war so gegen 7 und nachdem ich zum Klo gedackelt war, dachte ich, ich könnte eigentlich gleich abhaun.

Also ging es ungeduscht an den nächsten Strand. Rossi hat sich gefreut und ist begeistert herumgerast und ich konnte ohne störende Mitcamper ganz in Ruhe mein Auto aufräumen und umsortieren. Als ich fertig war, verdüsterte sich der Himmel mal wieder kurzzeitig.

Der Tag auf Lewis war herrlich, zwischendurch hat es natürlich immer wieder mal geregnet, aber abgesehen von einem Schauer, der mich voll erwischt hat, war es ein ziemlich trocknener Tag.

Zweitbesuch beim Callanish Steinkreis, der sich gelohnt hat, bei anderem Wetter machen die Steine noch mehr her!

Im Besucherzentrum hab ich mich mit einem Krimi von Peter May eingedeckt, der den bezeichnenden Titel „The Lewis Man“ trägt. Auf Deutsch: „Beim Leben deines Bruders“ – keine Ahnung, warum man den Titel so umständlich ändern musste. Außerdem hab ich auch noch einen Lewis Bildband von Peter May erworben. Der Shopbesitzer erzählte, dass Mr. May vor zwei Tagen da war. Und weil’s das letzte Buch war, hat er es signiert. Das hab ich jetzt. Cool! Weil mir die Musik in dem Café so gut gefiel, hab ich nun auch zwei CDs mit gälischer Musik.

Ein frischgeschlüpftes Highland Cattle Kälbchen

Noch etwas wackelig auf den Beinen.

Die Tante kommt zum Gratulieren vorbei.

Auf Lewis sind die Schafe wirklich heldenhaft mutig, sie gehen sogar baden!

Ein Broch (Rundhaus) aus der Eisenzeit in Carloway. Es hat einen Durchmesser von 15 Metern, war mal über 9 Meter hoch und wurde auf mehreren Etagen bewohnt.

Blackhouses (siehe die nachfolgenden Bilder) waren typisch für diese Region. Das Black hat nichts mit ihrem düsten Inneren zu tun. Ursprünglich hießen sie auch wohl einfach nur Haus, bis in den späten 1800er Jahren die ersten „White Houses“ gebaut wurden. Der Unterschied zwischen den beiden Häusertypen war, dass Mensch und Tier nicht mehr im gleichen Raum lebten. Der Name Blackhouse bürgerte sich durch den Vergleich der beiden Häusertypen ein, hat also nichts mit den winzigen Fenstern und dem Torfrauch zu tun.

Die Bauweise der Blackhouses ist mehrere tausend Jahre alt. Die Häuser sind doppelwandig gebaut, der Hohlraum zwischen den beiden dicken Steinmauern wurde mit Erde oder Torf aufgefüllt. Geheizt wurde mit einem offenen Torffeuer in der Mitte der Häuser, wobei der Rauch mangels Kamin in die Decke zog. Wenn man weiß, wie heftig ein Torffeuer stinkt, kann man sich gut vorstellen, wie rauchig es in den Häusern gewesen ist. Hust hust…

Einige der Blackhouses auf Lewis waren noch bis in die 1970er bewohnt, die Häuser hatten allerdings im Gegensatz zu den frühen Blackhouses einen Kamin!

Die Dachkonstruktion ist sehr interessant. Das Stroh oder Schilf muss alle paar Jahre ausgewechselt werden.

Dies ist eines der Häuser, das bis in die 70er Jahre bewohnt und nach dem Ableben seiner Besitzer erhalten wurde. Am Giebel ist ein offener Kamin, in dem bei meinem Besuch ein Torffeuer brannte. Ich kann nicht behaupten, dass es das Haus sonderlich gut geheizt hat, und der Geruch war (trotz Kamin) auch nicht der beste.

Fazit: sehr interessante Häuser, aber ich wollte nicht drin wohnen. Allerdings sind die Schotten (und die Inselschotten noch mal besonders) um einiges abgehärteter als wir kontinentalen Weicheier. Interessant ist auch, dass auf Lewis wieder neue Blackhouses gebaut und bewohnt werden.

Besuch in der Harris Tweed Weberei in Carloway, wo ich von Norman Mackenzie in die Tweed-Weberei eingeführt wurde. Harris Tweed ist eine geschützte geographische Bezeichnung für Tweed von den äußeren Hebriden. Er muss aus reiner Schurwolle hergestellt sein, die auf den Outer Hebrides gefärbt, gesponnen und in Handarbeit (also nicht maschinell) gewebt wurde.

Handarbeit bedeutet natürlich vor allem Fußarbeit, denn die alten mechanischen Webstühle werden mit den Füßen betrieben. „Hat ein bisschen was von Fahrradfahren“, hat mir Mr. Mackzenie erzählt. Er webt jeden Tag für ein paar Stunden. Je nachdem, wie schnell er „fährt“, schafft er 6 bis 7 Meter in der Stunde.

Es war sehr imposant, ihm beim Weben zuzuschaun, und auch ein Mordskrach. Der fertig gewebte Stoff wird in der Tweed Mühle gewaschen und „gewalkt“ (?). Die Designs und Muster entwirft Mr McKenzie alle selber. In einer kleinen Kammer waren einige Ballen Tweed ausgestellt und der Stoff konnte meterweise (15 Pfund) gekauft werden. Aber trotz langem angestrengtem Nachdenken fiel mir absolut nichts ein, was ich aus Harris Tweed hätte nähen können. Er hatte auch mehrere Schals zur Auswahl, aber ich trag keine Schals. Und nur einen Meter Harris Tweed kaufen, um einen Meter HarrisTweed zu haben, wollte ich dann auch nicht.

Nicht weit von der kleinen Weberei gibt es einen kleinen Laden mit verschiedenen Produkten aus Harris Tweed, beispielsweise schicke Tweedmützen.

Und hier sind ein paar Harris Tweed Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit. Dank regelmäßiger Regenwaschung sind sie immer hübsch sauber…

Nach den Blackhouses hab ich mit Rossi die Norse Mill and Kiln besucht, eine alte Mühle und Darre aus der Eisenzeit. Es war ziemlich windig, aber trocken und Rossi freute sich sehr über die kleine Wanderung und dass er endlich mal ohne Leine herumfetzen konnte – es waren weder Schafe noch Kaninchen zu sehen.

Willkommen in der Eisenzeit. Das linke Haus ist die Mühle, das rechte die Darre.

Das Wasser, das die Mühle betrieben hat. Sie wurde noch bis 1930 genutzt.

Die Mühle.

Mit dem Ziel, auch das nördliche Ende von Lewis gesehen zu haben, bin ich bis Port Ness hochgefahren. Das hat sich für eine kurze Stippvisite allerdings nicht so gelohnt, ich bin nur weit gefahren und hatte wenig Zeit, all die versteckten Buchten und Strände zu entdecken.

Port Ness

Wieder auf dem Rückweg gen Süden

Ganz ohne Nasswerden ging es natürlich nicht. Am Nachmittag erwischte mich ein Hagelschauer auf halbem Weg zu einem kleineren Steinkreis – siehe nächstes Foto oben auf dem Hügel.

Ich hatte es schon kommen sehen, dass ich bestimmt wieder nass werde. Zudem war der Weg ein einziges Matschfeld. Meine Füße waren praktisch schon vor meinem Kopf nass. Aber der Fotograf nimmt ja jede Ungemach in Kauf, wenn er ein gutes Foto wittert. Kaum war ich den Hügel halb hoch, ging es los, zurückrennen war völlig sinnlos. Innerhalb einer Minute war ich patschnass.

Ich hatte mir von dem dicken Wolkenfeld in Kombination mit den Steinen ein tolles Motiv versprochen. War aber nicht so doll, ich war nur ganz doll nass. So musste ich mich anschließend auf dem Parkplatz (also draußen, neben dem Auto) einmal komplett umziehen. Abgesehen von diesem heftigen Guss, bin ich aber gut durch Wind und Wetter gekommen.

Man beachte die Picknickbänke neben dem Windrad.

Stornoway ist die „Hauptstadt“ von Lewis, mit Hafen, Geschäften, Fußgängerzone, einigen Pubs, Restaurants und Hotels, Industrie und sogar einem Schloss samt großem Schlosspark.

Nach einem ausgiebigen Einkauf im Supermarkt war es schon fast an der Zeit, nach einem Campsite Ausschau zu halten. Den wollte ich mir auf Harris suchen. Einen mit ordentlicher Dusche, weil ich ja heute morgen darauf verzichtet hatte.

Ich war schon auf halbem Weg zu den South Lochs (im Osten der Insel) bis ich überlegte, dass die berühmten weißen Strände auf Harris und im Westen liegen. Dort ging in der nächsten Stunde die Sonne unter. Also wieder zurück und ab gen Westen. War eine gute Entscheidung, der Sonnenuntergang war traumhaft.

Der Campingplatz in Horgabost ist von der Sorte Feld- und Wiesencamping. Völlig in Ordnung, aber ich hatte Sehnsucht nach etwas Luxus und einer hübschen Sanitäranlage samt Dusche. Weil mich die Container nicht so richtig überzeugen konnten, hab ich mir stattdessen einen alternativen Platz fürs Wildcamping gesucht. Wieder nicht geduscht, aber eine gute Nacht verbracht.