Zwei Tage Transit durch die Ukraine

Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, was mich in der Ukraine erwartet. Alles war möglich… Ich kannte nur Geschichten von Straßenräubern, gefakten Polizeitkontrollen und so was. Dementsprechend hatte ich ziemlich Schiss und hab mich die ersten Stunden kaum getraut, das Auto zu verlassen.

An der Grenze haben sie ganz schön blöd geschaut, als ich da ankam. Tourist und alleinreisende Frau war mal was neues. Aber die Einreise war unproblematisch. Allerdings wurde ich gefragt, wo ich hin will. Was ich nicht beantworten konnte. Ein bisschen herumreisen und mal schaun haben sie irgendwie nicht kapiert. Also hab ich gesagt, dass ich weiter nach Moldawien will. Aha, also Transit. Von mir aus. Transit hatte allerdings den Haken, dass ich nur eine dreitägige Aufenthaltserlaubnis bekam. So lange wollte ich eh nicht bleiben, aber doof war es trotzdem.

Insgesamt war ich total überrascht von der Ukraine. Man sollte nicht zu sehr auf die Geschichten von anderen hören. Dazu muss ich erklären, alles, was ich von der Ukraine wusste, kam durch den Kontakt zu einem Verein, der ein ukrainisches Waisenhaus durch Geld- und Sachspenden sowie Ferienprojekte der Kinder unterstützt. Die Geschichten von den falschen Polizeikontrollen hatte ich praktisch aus erster Hand von den Fahrern dieser Spendentransporte. Klang wirklich nicht lustig, was die erzählt haben.

Die ersten paar Stunden in der Ukraine hab ich mich wirklich kaum getraut anzuhalten und aus dem Auto auszusteigen. Ja, ich weiß, klingt bescheuert, aber ich wollte gerne mit Auto samt meinem Gepäck weiterreisen. Und die Geschichten von diesen LKW-Fahrern hingen mir noch verdammt im Kopf. Aber langsam wurde ich entspannter und hab mir dann später auch nicht mehr groß nen Kopf gemacht, als ich auf einer Landstraße plötzlich vor einem Schlagbaum stand, der von einem Mann in Militärklamotten gehütet wurde. Er ließ mich passieren. Wozu der Schlagbaum war, weiß ich bis heute nicht und ob ich alles richtig gemacht hab oder nicht, weiß ich auch nicht. Die haben mich jedenfalls durchgelassen und ich kam durch eine tolle Gegend.

Die Straßenschilder gab es selbst in dieser abgelegenen Gegend in doppelter Ausführung. Erst ein Schild mit kyrillischer Schrift, kurz dahinter noch mal eins mit lateinischen Buchstaben. So konnte ich mir zwar besser vorstellen, wie die Ortschaften heißen, aber ansonsten hat es mir nicht viel genutzt. In meinem Straßenatlas waren die Ortschaften kyrillisch ausgeschrieben. Dieses Hin- und Her und das verzweifelte Suchen in der Karte nach den Ortschaften hat zum Schluss dazu geführt, dass ich nicht in Moldawien, sondern Rumänien gelandet bin. Aber dazu komm ich noch.

Ich hab während der 2 Tage in der Ukraine unglaublich nette Menschen getroffen. Die Frauen sind bildschön. Und landschaftlich ist es ein Wahnsinns Land. Nur die Verständigung ist sehr schwierig. Irgendwann fand ich ein kleines Hotel und mit Händen und Füßen haben wir es geschafft, dass ich ein Zimmer bekam. Dazu musste ich allerdings erst eine Zeichnung von nem Bett mit mir drin anfertigen. Ich kann ganz toll zeichnen, möchte ich an dieser Stelle anmerken – hust hust!

Das war mein Zimmerchen.

Die Bettwäsche fand ich höchst interessant. Mal was anderes.

Dass in der Ukraine einiges im Argen ist, lässt sich natürlich nicht übersehen. Auf der einen Seite sind die Leute in den Dörfern so arm, dass sie riesige Felder von Hand mit Spitzhaken bearbeiten. Da ist kein Geld für Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen. Fast alle haben eine Kuh, mit der Oma oder Opa am Straßenrand langziehen, damit sie was zu fressen bekommt. In jedem Dorf trifft man auf dieses Gespann.

Auf der anderen Seite werden unglaubliche Prachtbauten aus dem Boden gestampft. Darüber, wo das Geld dafür her kommt, sollte man besser nicht spekulieren.

Auch die Kirchen werden im großen Stil restauriert, oder auch neue gebaut.

Auf alle Fälle haben die Ukrainer einen Hang dazu, ihre Gebäude in Metall zu verpacken.

Das klassische ukrainische Dorf (in der Gegend, in der ich unterwegs war) ist schlauchförmig angelegt und zieht sich oft über 2-3 Kilometer hin. Rechts und links der Straßen stehen die Häuser in Reih und Glied mit etwas Abstand zum nächsten Nachbarn. Jeder hat ein kleines Grundstück, auf dem Obst und Gemüse angebaut und Tiere vom Huhn bis zur Kuh gehalten werden.

Die Grundstücke sind alle umzäunt, teilweise mit richtig tollen Schmiedezäunen. Zwischen Grundstück und Straße ist noch mal ein Grasstreifen. Hier steht oft eine Bank, auf der man eine ganze Familien-Generation antreffen kann. Jung und Alt sitzen Abends auf der Bank, schauen dem Geschehen im Dorf zu, ratschen mit vorbeikommenden Nachbarn und bieten Obst- und Gemüse aus dem Garten oder von ihren Feldern an. Wenn man etwas braucht, das man selber nicht hat, geht man zum Nachbarn.

Das öffentliche Verkehrsnetz in der Ukraine funktioniert recht gut – jedenfalls soweit ich es beobachten konnte. Das erwähne ich deshalb, weil es im Nachbarland Rumänien überhaupt nicht funktioniert. Wenn in der Rumänien Leute am Straßenrand stehen, dann warten sie nicht auf einen Bus, sondern hoffen darauf, dass vielleicht ein privater PKW anhält und sie mitnimmt.

In der Ukraine stehen sie mit ihren Gartengeräten an der Straße, warten auf den Bus und fahren raus zu ihren kleinen Feldern, um sie zu bearbeiten.

Die Storchallee! In der Straße war fast jeder Strommast von einem Storch bewohnt.

Verkehrsschildertechnisch war die Ukraine nicht so extrem interessant. Sie verwenden im Prinzip die russischen Schilder. Aber wenn die gerade mal aus sind, werden auch lustige Eigenproduktionen aufgestellt.

Der Hund vom Bahnhofswärter war richtig cool. Als die Schranken unten waren, hat er sich neben die Schienen gesetzt und auf den Zug gewartet. Und als der Zug dann fast da war (ist sehr langsam gefahren) ist er gemächlich über die Schienen spaziert. Hat gewartet bis der Zug durch ist und dann wieder zurück.

Ich wollte ja eigentlich von der Ukraine aus nach Moldawien. Aber wegen meiner exzellenten Mistkarte hab ich den Weg verpasst und bin 40 km auf einer superschlechten Schotterstraße herumgebrettert, ohne zu wissen, wo ich überhaupt bin.

Irgendwann hab ich dann herausgefunden, wo ich bin: kurz vor der rumänischen Grenze. Ich hätte die ganze Strecke noch mal zurück fahren müssen. Dazu fehlte mir wirklich die Lust, so fiel Moldawien dann aus, stattdessen ging es schnurrstracks nach Rumänien.

Die Grenzüberschreitung war unproblematisch. Es dauerte allerdings einige Stunden, bis sich da was tat. Als ich endlich dran war, wurde mir gesagt, als Europäer hätte ich die CD-Spur (links) nehmen dürfen und hätte nicht in der langen Schlange warten müssen. Da stand irgendwas von Diplomat dran, was ich nicht auf mich bezogen hatte.

Mein ukrainisches Ausreiseformular…