Einmal halb um den Globus nach Neuseeland

Der 16. Oktober 2004 fiel der Zeitverschiebung zum Opfer und ging irgendwo auf dem Weg zwischen Dubai und Auckland verloren. Komische Sache mit der Zeitverschiebung. Man ist da und ist auf dem Weg von A nach B und dazwischen werden ein paar Stunden Zeit verschluckt.

Viel spannendes lässt sich über den verschwundenen 16. Oktober sowieso nicht berichten. Wir saßen dösend/schlafend im Flugzeug und flogen den nächsten beiden Zwischenstopps entgegen um dann irgendwann in Auckland anzukommen.

Beim Zwischenstopp in Singapur hätte meine Mutter fast ihre Handtasche (samt allen Papieren) beim Zoll vergessen. Und das, nachdem wir schon 5 Minuten vorher für Chaos gesorgt hatten, weil wir unsere Boardingkarten im Flugzeug gelassen hatten. Als wir wieder einsteigen wollten, mussten wir mit Ersatzkarten ausgestattet werden, sonst hätten sie uns nicht weiterfliegen lassen.

Dann gab es noch einen letzten Zwischenstopp in Brisbane, der war aber nur nervig. Damit wir nach dem langen Sitzen etwas Bewegung hatten und nicht gleich in den nächsten Sessel sacken konnten, haben sie uns eine Stunde in der Schlange vorm Zoll rumstehen lassen. Keine Ahnung, warum wir da lang und breit durch den ganzen Zollkram mussten, um ins Flughafengebäude zu gelangen. Wahrscheinlich, weil wir aus Dubai kamen. Nach dem Zollkram hatten wir noch 20 Minuten, um die Geschäfte im Flughafen anzuschaun und dann durften wir wieder ins Flugzeug, um endlich Auckland anzufliegen. Hurra, ich war schon mal in Australien. Also beinahe!

Und dann: Endlich in Auckland! Neuseeland wir sind da!

Das Gefühl nach 24 Stunden Flug gelandet zu sein und die Gewissheit, dass es nicht in einer halben Stunde ins nächste Flugzeug geht und dass wir in absehbarer Zeit in ein Bett kriechen können, ist unbeschreiblich. Aber das Gefühl einmal um die halbe Erde geflogen zu sein, ist noch viel gewaltiger. Auch wenn ich dieses Gefühl schon zum vierten Mal erlebte, war es immer noch großartig.

Am Zoll hatte mein Vater seinen ersten Kontakt mit den Ureinwohnern Neuseelands. Ein Maori fragte ihn über seine Angelgerätschaften aus. Aber weil mein Vater nichts verstand, bzw. etwas anderes verstand als der Zöllner wissen wollte, führte er ihm sehr anschaulich seine Angeltechniken vor, während der Zöllner eigentlich nur gefragt hatte, ob er Gummistiefel dabei hat. Das Zelt, das wir für die allergrößten Notfälle eingepackt hatten, bestand den Quarantänescheck nicht. Es war vor knapp 3 Monaten noch im Einsatz und musste deshalb desinfiziert werden. Wir konnten es 20 Minuten später wieder am Quarantäneschalter abholen.

Im Vorfeld der Reise hatten wir tage- und wochenlang eine Menge geplant und überlegt. Also vor allem ich. Stundenlang hatte ich nach der perfekten Übernachtungsmöglichkeit für die erste Nacht in Auckland gesucht. Es sollte bezahlbar sein und möglichst direkt am Meer. Schließlich hatte ich auf dem Takapuna Beach Holiday Park (ca. 40 min nordöstlich von Auckland) einen möblierten Wohnwagen gemietet.

Die Idee war hübsch, aber nicht übermäßig clever, denn zum Übernachtungspreis kam die (recht lange) zweimalige Fahrt mit dem Shutlebus. Einmal hin und wieder zurück, weil wir ja am nächsten Tag wieder zum Flughafen mussten, um nach Christchurch auf der Südinsel zu gelangen. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen hatte ich mir eingebildet, dass es am besten wäre, unserere Rundreise auf der Südinsel zu beginnen.

Günstig war die Übernachtung auf dem Campingplatz durch die beiden Shuttlefahrten also längst nicht mehr. Außerdem hatte ich nicht bedacht, dass Camper Selbstversorger sind. Mit anderen Worten, wir kamen Sonntagnachmittag auf dem Campingplatz in Takapuna an und hatten nichts zu essen und nichts zu trinken. Glücklicherweise gab es einen kleinen Kiosk in der Nähe. Dort deckten wir uns mit Wasser, ein paar Crackern, Milch und Cornflakes ein.

So begann unser erster Tag in Neuseeland kulinarisch gesehen sehr bescheiden, aber meine Eltern waren glücklich. Das Abenteuerfeeling war stärker als der Kummer ums Essen. In uns brodelten Adrenalin und Endorphine und gleichzeitig kämpften wir mit einer bleiernden Müdigkeit.

Die ersten Eindrücke in Neuseeland: Meine Mutter ist wegen den vielen schönen, noch nie gesehenen Blumen und Pflanzen ganz aus dem Häuschen. Mein Vater möchte erst mal ein Mittagsschläfchen halten. Mit knapper Not lässt er sich davon abhalten. Jetzt einschlafen würde nie wieder aufwachen bedeuten. Glücklicherweise hört er diesmal auf mich. Es ist besser, so lange wie möglich wach zu bleiben und zu „normalen“ Schlafzeiten ins Bett gehen, damit sich der Körper schnell umstellen kann, dass er ab sofort Nachtschicht fahren muss.

Also gehen wir am Strand spazieren. Meine Mutter streichelt jede Blume und auch mein Vater ist schwer beeindruckt, dass wir sind wo wir sind, wie toll und anders es ist, was für ein Held er ist und überhaupt… Es ist irgendwie süß, von welch tiefer Erfurcht sie ergriffen sind. Ja, Erfurcht ist wohl das richtige Wort.

Das Riff vor Takapuna ist ein fossiler Wald, der vor rund 7.200 Jahren nach der letzten Eiszeit durch Küstenerosion freigeleget wurde.

Gegen 20 Uhr ging es dann aber wirklich nicht mehr und wir fielen ins Bett, um wie Steine tief und fest 14 Stunden am Stück zu schlafen.

Ach ja, was ich bei der Wohnwagenbucherei auch übersehen hatte, war, dass der Besuch der Toilette auf Campingplätzen meist mit einem längeren Fußmarsch verbunden ist. Das war für die erste Nacht auch ziemlich doof. Also die erste Nacht doch besser in einem Hotel oder Backpacker verbringen, um dort in Ruhe wieder zur Besinnung zu kommen.

Bald nach den Cornflakes am nächsten Morgen ging es wieder zurück zum Flughafen, da es keinen Direktflug von Dubai nach Christchurch gab, mussten wir kaum angekommen, schon wieder ins Flugzeug steigen und rüber auf die Südinsel fliegen. Aufgrund längerer, sehr komplizierter Überlegungen im Vorfeld, war ich der Ansicht, dass wir unsere Neuseeland-Rundreise auf der Südinsel beginnen sollten. Ich glaub die wichtigste Überlegung war, dass es dann zum Ende der Reise auf der Nordinsel ausreichend warm zum Baden wäre. Und das ist bei den tropischen Stränden einfach traumhaft!

Glücklicherweise waren die Formalitäten am Domestic Airport nicht so umständlich wie am International und die Flugzeit betrug nur 1,5 Stunden. So flogen wir also noch mal über Neuseeland hinweg.

Vieles hatte ich bereits von zu Hause aus geregelt. Beispielsweise hatte ich den Inlandflug, das Wohnmobil und die Fahrt auf dem Milford Sound übers Internet gebucht. Das hatte einerseits den Vorteil, dass wir uns jetzt nicht mehr um so viel kümmern mussten. Andererseits hatten wir dadurch einen gewissen Termindruck. Wir mussten den Flug erwischen, damit wir pünktlich unser Wohnmobil übernehmen konnten und dann mussten wir uns ein bisschen ranhalten, dass wir wirklich in drei Tagen am Milford Sound waren, um den Overnight Cruise zu machen. Danach wollten wir es dann aber ganz gemütlicher angehen.

In Christchurch standen wir eine Weile fröstelnd (ca. 13°C) am Flughafen rum, bis wir zu unserem Wohnmobil kamen. Wir sollten abgeholt werden, aber der Autoverleih war noch nicht da. Mein Vater wurde zusehends nervöser. Ich hatte das doch übers Internet gebucht und man sieht ja soviel über Internet-Betrügereien im Fernsehen… Langsam kam er ins Schwitzen, was wenn… Keine Panik! Ein kurzer Anruf beim Auto-Verleiher, 15 Minuten später wurden wir abgeholt.

Auf dem Foto ist sehr schön zu erkennen, welche Berge von Gepäck wir mitgeschleppt haben. Dabei hatten wir wirklich nur das allernötigste eingepackt… Keine Ahnung, wie dieser Berg zusammen gekommen ist…

Die Wohnwagenübergabe bestand im wesentlichen aus dem Unterschreiben von Papieren, einer kleinen Einweisung in die Technik – Kühlschrank, Heizung, Wassertank et cetera pp. Außerdem eine kurze Erklärung, welche besonderen Verkehrsregeln in Neuseeland zu beachten sind und welche Straßen wir mit dem Womo (wegen sehr schlechter Straßenverhältnisse) nicht befahren dürfen. Dazu gehört z.B. der 90-Meilenstrand und eine Straße ganz am Ende der Halbinsel Coromandel. Dann hielten wir den Schlüssel in der Hand und konnten loslegen.

Ich war schon das dritte Mal in Neuseeland und war einigermaßen geübt. Aber ich kann mich noch gut an das Gefühl der totalen Überforderung erinnern, als ich das erstemal auf der falschen Seite ins Auto einstieg, den Schalthebel in der ungewohnten linken Hand hatte und mich auch noch mit Linksverkehr und einer fremden Umgebung auseinandersetzen musste. Mit der linken Hand zu schalten ist mehr als komisch. Und es dauert eine Weile, bis man drin hat, dass der Blinker und Scheibenwischer vertauscht sind.

Nachdem wir gestern so karg gelebt hatten und auch beim Frühstück nur Milch und Cornflakes auf den Teller kamen, führte uns der erste Weg in Christchurch zum nächsten Supermarkt. Unser Kühlschrank wollte gefüllt werden. In den Einkaufswagen kamen Smoked Chicken, Käse, Butter, Spülmittel, Rindersteaks (sehr günstig), mehrere Zwiebeln (für die Steaks), Brot, Marmelade und alles was man so zum (Über)Leben braucht.

Das Shopping war für meine Eltern etwas kompliziert. Einmal wegen der Sprache und zweimal, weil es andere Sachen als bei uns zu kaufen gibt. Wie soll man z.B. bei 50 verschiedenen Sorten Toastbrot eine Auswahl treffen? Oder welcher Käse ist der beste? Ich wusste es schon von den vorherigen Reisen: Die 50 Sorten Toastbrot schmecken fast identisch und beim Käse ist es nicht viel anders.

Für den heutigen Tag hatten wir genug Action und blieben gleich in Christchurch auf einem riesigen Campingplatz, den wir fast für uns alleine hatten. Wir mussten uns erst mal aklimatisieren. Auspacken, einräumen, einrichten, wohlfühlen, was gescheites kochen…

Zum Standart neuseeländischer Campingplätzen gehört fast immer eine Küche mit Herd, Spüle, Mikrowelle und Toaster. Dazu gibt es Tische und Stühle in der Küche und oftmals auch Aufenthaltsräume mit Sofa und Fernsehen.

In der Küche war es so kalt (die Fenster bestanden nur als ein paar Glaslamellen, durch die der Wind pfiff), dass wir uns mit unserer ersten selbstgekochten Mahlzeit in den Aufenthaltsraum verzogen. Heizung aufdrehen und es wurde langsam warm.

Den restlichen Abend verbrachten wir mit „uns einrichten“ und ich probierte ein bisschen mit meiner neuen Kamera, dem Fisheye Objektiv und verschiedenen Filtern rum. Wobei allerdings nicht viel brauchbares herauskam.

Weil wir wegen der Zeitverschiebung immer noch ziemlich geschlaucht waren, gingen wir auch am zweiten Tag wieder früh schlafen. Mein Eltern krochen in den Camper und hatten es dort sehr kuschlig.

Ich bezog ein kleines Cabin mit sehr interessanter Bettkonstruktion, Tisch und Stuhl.

Viel aufregendes war an unserem ersten richtigen Tag in Neuseeland also nicht passiert.

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