…und zu ordentlich und perfekt. So das Ergebnis meiner gestrigen Überlegungen auf der Heimfahrt vom Großglockner. Nach zwei Tagen wollte ich wieder nach Hause, obwohl es schön war und ich noch drei Tage hätte bleiben können. Da macht man sich doch etwas Gedanken über das „Warum eigentlich?“…
Tatsächlich bin ich (seit ich mir mein Urlaubsland selber aussuche) noch nie länger als zwei Tage am Stück in Österreich gewesen. Immer nur mal kurz rein und spätestens nach einer Nacht wieder raus, oder „schnell“ durch, auf dem Weg in ein anderes Land.
Jetzt bin ich drauf gekommen, dass es an zu viel Schönheit liegen muss. Überall wo ich hinschaue – von den Bergen bis ins Tal – ist es schön – zumindest in Tirol und im Salzburger Land, wo ich meistens unterwegs bin. Alle Häuser sind ordentlich gestrichen, die Balkonblumen und der Garten gepflegt, das reinste Bilderbuch-Land, oder wie ein riesiges Ferien-Resort. Alles so adrett und für die Urlauber auf Hochglanz poliert.
Selbst die Natur scheint makellos.
Als wären sie Fotomodels (sind sie ja auch!) weiden saubere und gebürstete Vorzeigekühe auf den Weiden.
Mitten in den Bergen gibt es sogar eine Garderobe, wenn ich den Kleiderbügel richtig interpretiere.
Für was???
Nach zwei Tagen hab ich dann irgendwie genug schöne Bilder im Kopf und es zieht mich nach Hause. Das ist zumindest meine Erklärung für die nie länger als 2-Tage in Österreich. Es kann natürlich auch ganz anders sein.
Vielleicht fühle ich mich von den Bergen zu sehr eingeschlossen. Oder Österreich ist einfach zu nahe bei meinem eigenen Bett…
Meine allererste Begegnung mit Österreich war übrigens der Walter. Ein rotzfrecher Bub und Klassenschlechtester in der Grundschule. Ein südländischer Typ mit pechschwarzen Haaren. Eines Tages informierte uns Sachkundelehrer Herr Köhler, dass „unser lieber Walter“ (seine Worte!) ja aus Österreich kommt. Das erklärte, warum er so schlecht in der Schule war – fremdes Land, fremde Sprache… Ja, ich weiß, peinlich, aber im zarten Alter von 8 Jahren wusste ich NIX über Österreich. Ich kannte nur Italiener- und Türkenkinder, die in der Schule Sprachprobleme hatten. Walter war mein erster Ausländer aus Österreich, und Österreich, wo ist das überhaupt?
Zwei Jahre später musste ich feststellen, dass Walters Schulprobleme nicht von einer Sprachbarriere rührten. Auf dem Weg nach Ungarn übernachteten wir in einer österreichischen Pension, wo sie etwas komisch, aber deutsch sprachen. Das Zimmer in der Pension war düster und die Betten rochen muffig. Österreich war der schreckliche Walter und die muffigen Betten.
Später kamen zum schrecklichen Walter und den muffigen Betten noch süße und glasige Kartoffeln dazu. Also nicht Süßkartoffeln, sondern zu kalt gelagerte Kartoffeln, die trotz ihrer Erfriererscheinungen gegessen werden mussten. Ich war inzwischen 12 oder 13 und mit einer Jugendgruppe in Österreichs Bergen.
Österreich war irgendwie nicht so mein Ding.
Erste Annäherungen mit Österreich gab es 10 Jahre später, als ich vom Allgäu aus häufiger über die Berge nach Österreich kam. Aber die zarten Bande der Freundschaft wurden gleich wieder zunichte gemacht, als ich auf einer Reise in die Dolomiten ständig von der Polizei gefilzt wurde. Die standen in jedem Ort mit Geschwindigkeitskameras und pickten immer mich heraus. Weil ich nicht zu schnell fuhr, suchten sie nach anderen Vergehen – deklariert als allgemeine Verkehrskontrolle. Also der schreckliche Walter, muffige Betten, eklige Kartoffeln und schikanierende Polizisten…
Seit ich in Bayern lebe (1998) läuft es gut mit Österreich und mir. Aber nach zwei Tagen Bilderbuchlandschaft hab ich eben wieder Sehnsucht nach Zuhause. Dann freue ich mich auf unperfekte Zustände in Haunshofen City und finde unseren kaputten Gartenzaun richtig wunderbar.
Es zieht mich aber immer wieder nach Österreich, weil es dort so herrliche Verkehrsschilder gibt. In nur zwei Tagen hab ich fast 30 neue aufgespürt!