Mit den Jungs auf Helgoland

Hamburg Hauptbahnhof 3 Uhr morgens. Meine Gitarre ist ein wunderbares Kopfkissen. Halb im Schlaf frage ich mich, worauf ich mich da eingelassen habe. Um 8 Uhr kommt unser Bus, bis dahin sollten die Jungs alle eingetroffen sein und dann fahren wir weiter nach Cuxhaven und von dort nach Helgoland.

„Du magst doch Kinder, oder?“ Hätte ich gewusst, dass das eine Fangfrage ist, hätte ich vielleicht etwas weniger enthusiastisch „Ja klar“ geantwortet. Ich mochte auf alle Fälle die Kinder meiner Freundin und die mochten mich. Also nix gegen Kinder. Und schon hatte ich mir einen Sommerjob auf Helgoland geangelt. Die drei Betreuer der geplanten Kindererholungsreise waren aufgrund einer internen Umstellung (Kündigung) zwei Wochen vor Abreise ausgefallen. Mangels Ersatz und Zeit für die Suche danach, wurde ich 10 Minuten nach meinem „Ja klar“ zur neuen Leiterin dieser Veranstaltung. Drei  Wochen mit sieben allergiekranken Kindern im gesunden Klima von Deutschlands einziger Hochseeinsel.

Meine herausragende Qualifikation für diesen Job beschränkte sich auf die grundsätzliche Einstellung, Kinder zu mögen. Ein zweiter Betreuer, erstens weil sieben Kinder für einen alleine zu viel sind und zweitens weil es bei sieben Jungs auch einen männlichen Betreuer geben muss, wurde schließlich auch noch gefunden. Rüdiger heißt er. Ein Bekannter vom Chef, der schon mal in einem Zirkus Kinder bei den Hausaufgaben betreut hatte oder so ähnlich. Also genauso qualifiziert als ich.

Die nächsten beiden Wochen sichtete ich, wie weit die Reisevorbereitungen meiner Vorgänger fortgeschritten waren. Die Anreise und die Unterkunft in der Jugendherberge waren geregelt. Das geplante Freizeitprogramm ging mit dem Ausscheiden der vorherigen Betreuer jedoch weitestgehend verloren. Zum Glück blieb uns aber die Zusage des Helgoländer Bürgermeisters (ein richtig netter Typ!) für Schwimmbad-Freikarten und freie Überfahrt zur Düne. Außerdem lud er uns bei meinem Anruf auf eine Bratwurst beim Sommerfest ein. Auch vom  Rotary Club gab es ähnliche Unterstützung für unser Ferienprojekt.

Bei meinem hauptamtlich in der Jugendarbeit tätigen Cousin holte ich mir Tipps in Sachen Spiele und Programm und hörte mir an, was bei Freizeiten mit Kindern alles zu beachten ist und passieren kann (Schwitz). Ich kopierte mögliche Lieder, die wir zu meiner Gitarre singen konnten. Ich überlegte mir vom Land aus eine Inselrallye, schnorrte bei meinem Vater Leine, Haken und Blinker für den Bau von Angeln usw. usf.

Willige „Pharma-Unterstützer“ wurden überredet, uns Encasings für die Betten der Jungs zu stiften (Hausstaubmilbenallergie) + Sonnencreme und Hautpflegeprodukte sowie allerlei Unterhaltungs- und Spielmaterialien. Da die eh mit Werbematerialien nur so um sich werfen, konnten sie uns auch ein paar Care-Pakete nach Helgoland schicken. Ein Kinderarzt gab mir einen Schnellkurs in Sachen Asthma-Therapie und Notfall-Behandlung.

Alldiweil schauten mir meine Kollegen bewundernd bei den Vorbereitungen zu und beneideten mich so gar nicht, dass ich mit sieben fremden Kindern Urlaub auf Helgoland machen durfte…

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